Suchttherapie 2011; 12 - S34_3
DOI: 10.1055/s-0031-1284623

Wem hilft der Joystick? – Bei welchen alkoholabhängigen Patienten kann die Rückfallwahrscheinlichkeit durch ein pc-gestütztes Vermeidungstraining anhaltend gesenkt werden?

J Lindenmeyer 1, C Eberl 1, S Pawelczak 1, R Wiers 2, E Becker 3, M Rinck 3
  • 1salus Klinik Lindow, Lindow
  • 2Universität Amsterdam, Amsterdam, Niederlande
  • 3Universität Nijmegen, Nijmegen

Fragestellung: In 2 randomisiert kontrollierten Studien konnte die Rückfallrate bei Alkoholabhängigen durch ein PC-gestütztes Alkohol-Vermeidungstraining langfristig signifikant gesenkt werden. Die Daten wurden posthoc daraufhin untersucht, welche Alkoholpatienten besonders von diesem Training profitieren konnten. Probanden: 447 Alkoholabhängige in einer 3-monatigen, stationären Entwöhnungsbehandlung. 75,2% Männer und 24,8% Frauen, mittleres Alter 45,5J. Procedere: Die Probanden wurden zufallsbedingt auf eine Treatment- und eine Kontrollgruppe verteilt. Das Computertraining umfasste 6 Sitzungen à 15 Minuten mit jeweils 220 Trainingsdurchgängen. Die Probanden hatten die Aufgabe, Bilder von alkoholischen Getränken auf dem Bildschirm mit Hilfe eines Joysticks möglichst schnell wegdrücken und nicht-alkoholische Getränke möglichst rasch zu sich heranziehen. Zur Ermittlung der langfristigen Trainingseffekte wurde eine 1-Jahres Katamnese (DGSS 4) durchgeführt. Ergebnisse: Das Training war langfristig besonders effektiv bei über 40-jährigen Patienten sowie bei Patienten mit geringer, subjektiv erlebter Depressivität. Bei jüngeren Patienten bzw. bei hoher, subjektiv erlebter Depressivität ließ sich dagegen keine langfristige Wirksamkeit nachweisen. Die über 40-jährigen Patienten wiesen im Vergleich zu jüngeren Patienten eine geringere kognitiver Kontrolle sowie niedrigere Werte in expliziten Messinstrumenten zur Alkoholproblematik auf. All diese Variablen konnten als Prädiktor für die Wirksamkeit des Trainings bestätigt werden. Schlussfolgerung und Ausblick: Die Ergebnisse lassen sich dahingehend interpretieren, dass das PC-gestützte Alkohol-Vermeidungstraining besonders effektiv bei jenen Patienten ist, bei denen sich die Alkoholproblematik im Sinne eines Habits unabhängig vom subjektiven Erleben der Betroffenen und losgelöst von einer psychischen Funktionalität automatisiert hat. Diese Spezifitätshypothese wird in prospektiven Studien überprüft.