Suchttherapie 2011; 12 - S35_4
DOI: 10.1055/s-0031-1284629

Intervention bei Angehörigen behandlungsunwilliger Alkoholabhängiger – Evaluation des „Community Reinforcement And Family Training“-Ansatzes (CRAFT)

G Bischof 1, J Iwen 2, C Müller 1, J Freyer-Adam 3, U John 3, HJ Rumpf 1
  • 1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universität Lübeck, Lübeck
  • 2Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
  • 3Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald

Hintergrund: Angehörige alkoholkranker Menschen leiden häufig unter stressbedingten Erkrankungen und werden vom Suchthilfesektor bislang nur unzureichend erreicht. Die Studie überprüft erstmalig für Deutschland, ob eine adaptierte Form des “Community Reinforcement And Family Training“ (CRAFT) durch Nutzung des Leidensdruckes von Angehörigen die Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfen von behandlungsunwilligen Alkoholabhängigen (Indexpatienten=IPs) erhöht. Zusätzlich werden direkte Auswirkungen der Teilnahme auf Lebensqualität und psychische Gesundheit der Angehörigen erhoben. Methode: Es wurde eine randomisierte Wartelisten-Kontrollgruppenstudie mit drei Follow-up-Erhebungszeitpunkten (3, 6, 12 Monate) durchgeführt. Es wurden N=88 Probanden eingeschlossen. Ergebnisse: Nach 3 Monaten ist die Inanspruchnahmerate suchtspezifischer Hilfen unter den IPs der Angehörigen aus der Interventionsgruppe (IG) (39,2%) im Vergleich zur unbehandelten Wartegruppe (WG) (13,5%) (p=0.007) signifikant höher, die geschätzte konsumierte Alkoholmenge (AUDIT-C) der IPs signifikant niedriger (p=0.037). Weiterhin ergaben sich Verbesserungen der seelischen Gesundheit lediglich in unmittelbarem Zusammenhang mit der Teilnahme an der Intervention. Im Zeitraum zwischen 3- und 6-Monats-Katamnese nähern die Inanspruchnahmeraten sich an, so dass nach 6 Monaten kein signifikanter Unterschied mehr vorliegt (IG: 49,0%; WG: 40,5%; p=0.52). Gleiches gilt für die geschätzten AUDIT-C-Summenwerte (p=0.299). Die 12-Monatskatamnesen befinden sich derzeit in einem fortgeschrittenen Erhebungsstadium und werden auf dem Kongress vorgestellt. Interpretation: Die Ergebnisse sprechen für die Wirksamkeit des CRAFT-Ansatzes in der Angehörigenarbeit. Behandlungsunwillige IPs konnten häufiger zur Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfen motiviert werden, die konsumierte Alkoholmenge nahm gleichzeitig ab. Zudem zeigt sich ein positiver Einfluss auf die psychische Gesundheit der teilnehmenden Angehörigen.