Suchttherapie 2011; 12 - S36_4
DOI: 10.1055/s-0031-1284633

Teilnahmeverweigerung an einer „attraktiven“ Interventionsoption bei langjährigen DrogenkonsumentInnen

HV Happel 1
  • 1FH Frankfurt a. M., Fachbereich 04 Soziale Arbeit und Gesundheit, Frankfurt am Main

Das Programm „Kontrolle im Selbstregulierten Substanzkonsum“ (KISS) wurde im Rahmen einer Wirksamkeitsprüfung (RCT) in drei Einrichtungen in Frankfurt umfangreich beworben. Im Sinne einer anfallenden Stichprobe wurden 51 Personen, die das KISS-Angebot kannten aber eine Teilnahme ablehnten, zu ihren Gründen und Entscheidungen für eine Nichtteilnahme befragt. 18 Hinderungsgründe für eine Nichtteilnahme an der KISS-Studie wurden unter zwei Aspekten eingeschätzt: spielt der Grund eine Rolle für die Nichtteilnahme (Screeningfrage) und wenn ja, welche Bedeutsamkeit wird diesem Grund zugeschrieben. U. a. wurden folgende Gründe vorgegeben: „Aktuelle Lebenssituation erfordert keine Veränderung des Drogenkonsums“, „Kein Interesse mein Konsum zu kontrollieren“, „Schaffe das selbst“, „Programm gefällt mir nicht“. Zudem konnten subjektive Gründe für eine Nichtteilnahme genannt werden. Stichprobenbeschreibung: N=51, Durchschnittsalter 40,4 Jahre, M : W 35 : 16, durchschnittliche Abhängigkeitsdauer 21,5 Jahre, aktuell polyvalenter Konsum. 48 Personen kennzeichnen sich selbst als abhängig. Ergebnisse: Programmbedingungen spielen für die Nichtteilnahme eine nachgeordnete Rolle. Bei zwei Drittel der AblehnerInnen findet sich eine diskrepante Argumentationslinie. Die subjektiven Kompetenzeinschätzungen in Bezug auf Selbstregulationsmöglichkeiten kontrastieren mit der Lebenssituation der TeilnehmerInnen. Die verschiedenen Umgangsformen mit der Suchtentwicklung werden einerseits immer noch als selbstgesteuert eingeschätzt, obwohl andererseits längst andere Bedingungen den Lebensalltag prägen. Das therapeutische Angebot wird als zusätzliche Anforderung und Belastung empfunden und die Auseinandersetzung mit den zugeordneten Emotionen als bedrohlich erlebt. Entsprechende Bewerbungen derartiger Angebote könnten zu einer größeren Veränderungsbereitschaft und Neubewertung problematischer Sachverhalte im allgemeinen Lebensvollzug – und dazu gehört auch der Drogenkonsum – führen.