Z Gastroenterol 2011; 49 - P143
DOI: 10.1055/s-0031-1285415

Und es geht doch (2): Besserung der Drehstuhl-Übelkeit durch Konditionierung

B Horing 1, K Weimer 1, P Enck 2, S Klosterhalfen 1
  • 1Universitätsklinik Tübingen, Innere Medizin VI, Tübingen, Germany
  • 2Universitätsklinik Tübingen, Abt. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Germany

Bislang hatten wir experimentell zwar eine Verschlechterung (Nocebowirkung) von Drehstuhlübelkeit durch eine Pavlowsche Konditionierung hervorrufen können, nicht aber eine Symptombesserung (Placebowirkung). Dies wird hier erstmals berichtet.

Methoden: Zweiundreißig Probanden (je 16 Frauen/Männer) mit erhöhter Empfindlichkeit für Bewegungen (Altersdurchschnitt 26,0±4,6 Jahre) wurden zunächst (Tag 1) einer standardisierten Rotationsprozedur ausgesetzt (5×2min mit 15 Umdrehungen/min (rpm) unter getakteter Kopfbewegung). An einem weiteren Termin (T2, 3 bis 7 Tage später) wurden sie randomisiert und balanciert auf zwei Gruppen verteilt: Gruppe 1 erhielt eine in Wasser gelöste Flüssigkeit mit der Information, dies sei ein wirksames antiemetisches Ingwerpräparat (Zintona®) während es sich in Wirklichkeit um ein Placebopräparat handelte. Die zweite Gruppe erhielt kein Scheinmedikament und die Information, sie gehöre zur Kontrollgruppe. Anschließend wurden sie erneut rotiert, diesmal mit reduzierter Geschwindigkeit (10 rpm) ohne dass ihnen dies mitgeteilt wurde. An einem dritten Termin (T3) wurden sie wieder mit der ursprünglichen Geschwindigkeit (15 rpm) rotiert, wiederum unter Darreichung des Scheinmedikaments (Konditionierungsgruppe) bzw. ohne Medikamentengabe (Kontrollgruppe). Aufgezeichnet wurden die subjektiven Symptome (SS) auf einer standardisierten Skala, die tolerierte Rotationszeit (RZ), die Anzahl der Kopfbewegungen (KB), eine Vielzahl psychometrischer Testergebnisse und das Elektrogastrogramm (EGG).

Ergebnisse: Im Vergleich zur Kontrollgruppe hatten die Probanden der Konditionierungsgruppe am Tag 3 niedrigere Symptome, und tolerierten längere RZ und übten mehr KB aus (MANOVA, p=0,016). Keine Effekte fanden sich für das EGG und die psychometrischen Variablen; auch das Geschlecht hatte keinen modulierenden Einfluss auf den Effekt.

Schlussfolgerungen: Eine positive Beeinflussung der Symptome bei experimenteller Drehstuhl-Übelkeit durch Kombination von Konditionierung und Erwartung unter Gabe eines vermeintlichen Medikamentes ist möglich. Weitere Untersuchungen werden zeigen müssen, welcher der Anteile der Intervention für die Placebowirkung verantwortlich ist.

(Unterstützt mit Mitteln der Stiftung Volkswagen, I/83 805)