Z Gastroenterol 2011; 49 - P462
DOI: 10.1055/s-0031-1285733

Desmoide in Patienten mit familiärer adenomatöser Poyposis – eine retrospektive Analyse der Risikofaktoren

S Schiessling 1, M Huber 2, MW Büchler 1, M Kadmon 1
  • 1Uniklinik Heidelberg, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Heidelberg, Germany
  • 2Uniklinik Heidelberg, Nierenzentrum, Heidelberg, Germany

Einleitung: Die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) ist eine autosomal-dominante Erkrankung, durch APC-Keimbahnmutationen auf Chromosom 5q21 verursacht [1]. Neben den Kolonkarzinomen, gehören Desmoide zu den Haupttodesursachen [2]. Sie treten bei bis zu 20% der Patienten in der Bauchwand oder intraabdominell auf und wachsen lokal infiltrierend [3].

Ziel: Ziel dieser Studie ist die Erfassung potentieller Risikofaktoren für die Entstehung.

Methodik: Von den im Zeitraum von 01/1994–03/2010 im Heidelberger Polyposis Register erfassten Desmoidpatienten wurden folgende Daten ausgewertet: Geschlecht; Erstdiagnosedatum, Anzahl, Größe und Lokalisation der Desmoide; Operationen, Mutation; ggf. Todesursache.

Ergebnisse: Unter den 105 Patienten befanden sich 60 Frauen (57,14%) und 45Männer (42,86%). 34 Patienten entwickelten solitäre (23 Frauen, 11Männer) und 71 multiple Desmoide (37 Frauen, 34Männer). Der mittlere Maximaldurchmesser betrug 13,95cm. Insgesamt entwickelten Männer mehr Desmoide (p=0,0062) und wiesen eine signifikant größere Tumormasse auf (p=0,0345). Die Lokalisationsanalyse ergab für Männer signifikant mehr Desmoide in der Bauchwand (p=0,0036). 84 Patienten zeigten einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Desmoidentstehung und vorangegangener Operation, darunter mehr Frauen (n=49). Die Mutationen der Männer waren limitiert auf die Exons 5, 14 und 15, wohingegen bei Frauen die gesamte APC Region zwischen Exon 5 und 15 betroffen war. Signifikant gehäuft fanden sich bei beiden Geschlechtern Genmutationen innerhalb der 3 repetitiven 15 Aminosäuren Sequenz (Codon 1020–1069) (n=15, 14,29%; p<0,05) und der 7 repetitiven 20 Aminosäuren Sequenz (Codon 1265–2035) (n=32, 48%; p<0,0001).

Schlussfolgerung: Die Daten zeigen signifikante Geschlechterunterschiede sowohl genetisch als auch bzgl. Desmoidlokalisation und -masse. Frauen scheinen unabhängig von der Mutation ein höheres Krankheitsrisiko zu haben, während bei Männern der Mutation selbst als Risikofaktor eine größere Bedeutung zukommt. Klinische Implikationen ergeben sich für das radiologische Screening. Ob sich auch eine therapeutische Konsequenz ergibt, muss noch analysiert werden.

1 Lockhart-Mummery A, Lancet 1925

2 Arvanitis ML et al., Dis Colon Rectum 1990

3 Nieuwenhuis MH et al., Br J Cancer, 2011