Z Gastroenterol 2011; 49 - P484
DOI: 10.1055/s-0031-1285755

Vegetative und immunologische Effekte des kontinuierlichen Neuromonitorings (CIONM) mittels Vagusstimulation bei Halsoperationen

C Ulmer 1, C Friedrich 2, A Kohler 1, F Rieber 1, K Schymik 1, KP Thon 1, W Lamadé 1
  • 1Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart, Germany
  • 2Klinikum Frankfurt Höchst, Abteilung für Kinderchirurgie, Frankfurt, Germany

Einleitung: Das kontinuierliche intraoperative Neuromonitoring (CIONM) mit Vagusstimulation ist ein neues Verfahren um Schädigungen des N. laryngeus recurrens (NLR) bei Schilddrüseneingriffen zu vermeiden. Die therapeutische Vagusstimulation ist seit Jahren in der Neurologie und Psychiatrie etabliert und gilt als nebenwirkungsarm. Jedoch wurden vereinzelt hämodynamisch relevante Herzrhythmusstörungen beschrieben. Als Ursache wird eine Vagus-vermittelte Dysbalance des autonomen Nervensystems (ANS) angenommen. Ziel der Studie war, den Einfluss des CIONM auf das ANS zu untersuchen.

Material und Methoden: 50 Patienten wurden in eine prospektive Studie eingeschlossen. Bei 40 Patienten wurde CIONM angewandt. Weitere 10 Patienten dienten als Kontrollgruppe, wo nur eine intermittierende Nervenidentifikation (IONM) erfolgte. Zur Analyse des kardialen ANS wurde die Herfrequenzvarianzanalyse (HFVA) im Spektralbereich angewandt. Zusätzlich wurden Herzfrequenz, Blutdruck und Bispektral-Index (BIS) in 5-Minuten-Intervallen dokumentiert. Individuelle Referenzwerte der HFVA wurden prä- und postoperativ aufgezeichnet. Um bekannte Einflüsse auf das kardiale ANS zu vermeiden, wurden Patienten mit latenter Hyperthyreose, Diabetes mellitus oder einer therapierten Depression gesondert betrachtet.

Ergebnisse: Kardiale Arrhythmien oder hämodynamische Veränderungen durch das CIONM traten nicht auf. Allerdings zeigten sich unter CIONM charakteristische Veränderungen in der ANS-Balance. Bei reduzierter vegetativer Gesamtaktivität während der Narkose kam es während des CIONM zu einem hochsignifikanten relativen Anstieg der Parasympathikusaktivität um 90% (p<0,001) der in der Kontrollgruppe nicht beobachtet wurde. Die erhöhte Parasympathikusaktivität dauerte über das CIONM hinaus an und ging erst nach Narkoseausleitung zurück. Eine sympathische Gegenregulation fand nicht statt. Hyperthyreose, Diabetes mellitus oder Depression interferierten nicht mit der CIONM-vermittelten Steigerung der Parasympathikusaktivität.

Schlussfolgerung: Die Vagusstimulation im Rahmen des CIONM führt zu einer Verdopplung der relativen Parasympathikusaktivität. Als Folge der insgesamt sehr niedrigen Gesamtaktivität des ANS kommt es zu keiner Beeinträchtigung der Herzfrequenz, Rhythmik oder Hämodynamik.