Sprache · Stimme · Gehör 2011; 35(03): 126
DOI: 10.1055/s-0031-1291977
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Legasthenie – Spracherkennung und Legasthenie: Zusammenhang entdeckt

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Publikationsdatum:
30. September 2011 (online)

 

Legastheniker tun sich schwer, Gesprochenes dem jeweiligen Sprecher zuzuordnen. Das Erkennen feiner Unterschiede in der Sprechweise ist ihnen ein Problem, berichten Forscher vom Massachusetts Institute of Technology in der Zeitschrift "Science". "Bestätigt sich dieser Befund, so könnte die Erkennung des Sprechers in der Legasthenie-Früherkennung diagnostisch relevant werden", so die Logopädin und Schulpsychologin Maya Bauer Brühwiler vom Verband Dyslexie Schweiz.

Die Forscher stellten Personen mit und ohne Dyslexieproblemen die Aufgabe, Sprachbeispiele menschlicher Stimmen nach entsprechendem Training den jeweiligen Sprechern zuzuordnen. Menschen mit Dyslexie schnitten weitaus schlechter ab als ohne, wenn das Gehörte aus der eigenen Muttersprache stammte. Handelte es sich hingegen um eine völlig unbekannte Sprache, so war die Zuordnung bei beiden Gruppen gleich schlecht.

Die Autoren sehen dies als weitere Bestätigung dafür, dass bei Dyslexie bzw. Legasthenie nicht der Lesevorgang an sich das Defizit darstellt. Ein wichtiges Element sei, wie das Gehirn den Klang der gesprochenen Sprache hört und verarbeitet. "Das ist naheliegend, da unser Gehirn Schriftzeichen in Laute und Wörter übersetzen muss, um Texte zu verstehen", so Bauer Brühwiler. Spätere Legastheniker haben oft schon im Kindergarten Probleme damit, Reime zu entdecken, Anlaute von Wörtern zu identifizieren oder einzelne Laute zu einem Wort zusammenzufügen.

Bei der Diagnose und Therapie von Legasthenie gilt es, verschiedene Ursachen zu berücksichtigen, betont die Logopädin. "Teils haben die Betroffenen auch Probleme mit dem Erinnern von Gehörtem. Während sich Menschen normalerweise 5-9 Zahlen, Silben oder Wörter merken können, sind es bei Menschen mit Dyslexie oft weniger als 4, was sich auch auf den Wortschatzerwerb und das Textverständnis auswirken kann." Bei anderen Legasthenikern tritt die Leseschwäche hingegen erst nach völlig unauffälligem Lautspracherwerb auf, bei wieder anderen trägt kann eine schlechte Zusammenarbeit der beiden Augen ursächlich sein.

pte