Diabetes aktuell 2011; 9(6): 243
DOI: 10.1055/s-0031-1295558
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Modernes Diabetesmanagement

Antje Bergmann
,
Peter Schwarz
Further Information

Publication History

Publication Date:
31 October 2011 (online)

Die Behandlung von Menschen mit Diabetes mellitus in der breiten Versorgungsebene stellt uns kontinuierlich vor neue Herausforderungen.

In erster Linie sind diese von einer zunehmenden Anzahl von Menschen mit Diabetes mellitus getrieben, aber auch von der Tatsache, dass immer weniger Hausärzte und Diabetologen zur Verfügung stehen, um diese wachsende Anzahl von Patienten zu behandeln. Die nächsten 10 Jahre können mehr als eine Verdopplung der Anzahl von Diabetespatienten beim Hausarzt bewirken. Wir rechnen damit, dass ein Hausarzt, der heute etwa 300 Patienten mit Diabetes mellitus behandelt, 2020 bis zu 700 Diabetespatienten behandeln müsste. Erschwerend kommt hinzu, dass die wachsende Anzahl behandlungsbedürftiger Patienten nicht mit einer Erhöhung des Budgets einhergeht, sondern das gleiche Budget zukünftig auf mehr Patienten verteilt werden muss. Parallel dazu wird überall die Forderung erhoben, ein Qualitätsmanagement durchzuführen und die Qualität der Versorgung sogar noch zu verbessern.

Wie gehen wir damit um? Das vorliegende Heft will Ihnen Denkanstöße dazu geben.

Wie sieht modernes Diabetesmanagement in der Zukunft aus? International erfolgt derzeit ein Paradigmenwechsel im Hinblick auf Diabetesmanagement: Weg vom Fokus auf das Management einzelner chronischer Erkrankungen und hin zu einem krankheitsunabhängigen evidenzbasierten Rahmenkonzept, dem sogenannten Chronic Care Management. In diesen soll der Komplexität von chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus Rechnung getragen werden. Leiterkrankungen sollen zusammen mit den auftretenden Komorbiditäten in einem patientenorientierten Chronic Care Management individualisiert integriert werden.

Ulrike Rothe stellt in diesem Heft einige Gedanken zu einem modernen Diabetes Management dar. Ein Aspekt dabei sind modernisierte Sichtweisen auf die Qualität der Behandlung von Menschen mit Diabetes mellitus.

Weitere Artikel von Klaus-Dieter Kohnert und Andreas Thomas beschäftigen sich ebenfalls mit diesem Thema. Ist der HbA1c-Wert das Kriterium, welches uns die Qualität der Diabeteseinstellung beschreibt oder sind es der Nüchtern- oder postprandiale Blutzuckerwert oder andere Parameter, die die Güte der therapeutischen Einstellung von Diabetespatienten beschreiben? Der HbA1c-Wert ist uns nun langjährig bekannt und aus Public Health Gesichtspunkten sicherlich ein guter Parameter zur qualitativen Einschätzung der Diabetestherapien. Er weist jedoch die uns bekannten Stärken und Schwächen auf. Über die letzten Monate und Jahre hinweg entwickelte sich das Glukosemonitoring kontinuierlich zu einer interessanten neuen Technologie, um die glykämische Variabilität bei Patienten zu beschreiben. Die Technik ist attraktiv, aber teuer und in der klinischen Praxis noch nicht angekommen. Allerdings erlaubt die glykämische Variabilität, die Patienten genauer bezüglich ihres Stoffwechselrisikos zu stratifizieren und vermutlich auch das Risiko für das Auftreten von diabetesassoziierten Komplikationen und Komorbiditäten zu beschreiben. Andreas Thomas stellt das Glukosepentagon vor, welches 5 glykämische Parameter auf 5 Achsen abbildet. Außer dem HbA1c-Wert ergeben sich die anderen 4 Parameter aus dem kontinuierlichen Glukosemonitoring. Die entstehende Fläche könnte als Gütekriterium für die Diabeteseinstellung entwickelt werden.

Klaus-Dieter Kohnert beschäftigt sich mit dem gleichen Thema und stellt verschiedene Systeme zum kontinuierlichen Glukosemonitoring einander gegenüber. Er diskutiert die Anwendung in der täglichen klinischen Praxis. Erste Studien können bereits zeigen, dass eine medikamentöse Therapie hilft, bei gleichbleibendem HbA1c-Wert die Glukoseschwankung um mehr als 50 % zu reduzieren.

Wir wünschen Ihnen viel Freude mit diesem Heft, womit wir Akzente in der Diskussion um die zukünftigen Herausforderungen für ein modernes Diabetesmanagement setzen wollen.

Mit herzlichen Grüßen verbleiben wir

Ihre Antje Bergmann und Peter Schwarz

Prof. Dr. med. habil. Antje Bergmann

Prof. Dr. med. habil. Peter Schwarz