Z Gastroenterol 2012; 50 - P3_25
DOI: 10.1055/s-0031-1295867

Zweitlinientherapie der Primär Biliären Zirrhose: Klinische Charakteristika und Therapieindikation–eine retrospektive Analyse

N Pannicke 1, I Patanwala 2, J Newton 2, DE Jones 2, AW Lohse 1, C Schramm 1
  • 1I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
  • 2Institute of Cellular Medicine (Hepatology), Newcastle University, Newcastle-upon-Tyne, UK

Hintergrund: Ursodeoxycholsäure (UDCA) ist das einzig zugelassene Medikament zur Behandlung der Primär Biliären Zirrhose (PBC). Langzeituntersuchungen haben gezeigt, dass UDCA zur Verbesserung der Laborwerte, Verzögerung der histologischen Progression und Verlängerung des transplantatfreien Überlebens führt. Etwa ein Drittel der Patienten zeigt kein biochemisches Ansprechen (definiert nach den „Paris-” bzw. „Barcelona criteria”). Aufgrund mangelnder Studienlage erfolgt dann oft eine immunsuppressive off-label – Therapie. Unklar bleibt, nach welchen Kriterien eine additive Therapie initiiert werden sollte.

Methoden: In einer retrospektiven Analyse wurden klinische Daten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung von 295 PBC-Patienten zweier Leberzentren (Hamburg, Deutschland; Newcastle, UK) erhoben und statistisch ausgewertet. 205 Patienten wurden mit UDCA Monotherapie (Gruppe 1), 37 mit additiver Immunsuppression ab Diagnose (Gruppe 2) sowie 53 im Verlauf mit Immunsuppression (Gruppe 3) behandelt.

Ergebnis: In Gruppe 1 wurde bei 97,6% die Diagnose PBC, bei 2,4% die einer PBC mit sekundärer Autoimmuner Hepatitis (AIH) gestellt. Im Vergleich wurde bei Gruppe 2 bereits bei 67,6% und bei Gruppe 3 bei 41,5% eine sekundäre AIH bei Erstmanifestation diagnostiziert. Bei Diagnose (therapienaiv) zeigten sich signifikant (p<0,05)höhere Werte in Gruppe 2 und 3 im Vergleich zu Gruppe 1 für die biochemischen Marker AP, Bilirubin, AST, ALT, IgG/M, SMA sowie ein höherer modifizierter Histologischer Aktivitätsindex (mHAI) und Fibrosegrad (Tabelle 1). Gruppe 2 und 3 unterschieden sich bei Diagnose nicht signifikant voneinander, sodass es scheint, dass bei einem Teil der Patienten mit hoch entzündlicher PBC die immunsuppressive Therapie verzögert wird.

Zusammenfassung: Signifikante Unterschiede von biochemischen und histologischen Markern bereits bei Diagnose deuten darauf hin, dass bereits zu diesem Zeitpunkt die Indikation zur immunsuppressiven Kombinationstherapie gestellt werden kann.

Tabelle 1: Klinik und Histologie

Merkmal

1Gruppe 1

1Gruppe 2

1Gruppe 3

2P

3P

4P

Geschlecht

♀ 191 (93,2%)

♂ 14(6,8%)

0,309

36 (97,3%) 1 (2,7%)

0,867

52 (98,1%) 1 (1,9%)

0,158

Alter bei Diagnose

55

0,730

55

0,106

50

0,010*

Bilirubin gesamt (mg/dl)

0,6

0,001*

1,3

0,827

1,0

0,001*

AP (U/l)

187

0,028*

255

0,842

291

0,011*

AST (U/l)

46

0,000*

96

0,462

71

0,018*

ALT (U/l)

49

0,000*

110

0,901

140

0,000*

IgG (g/I)

12,8

0,001*

16,4

0,891

16,2

0,001*

lg M (g/l)

2,8

0,025*

4,2

0,987

3,7

0,027*

Gammaglobuline

(g/I)

18,8

0,004*

22,2

0,640

20,1

0,053

ANA

457

0,762

1072

0,618

853

0,764

AMA

1609

0,647

1727

0,566

1899

0,189

S M A

10,6

0,023*

148,3

0,777

56,9

0,044*

mHAI

5

0,002*

8

0,391

7

0,023*

Fibrosegrad

2

0,006*

2

0,780

2

0,004*

Daten in Mittelwerten oder n(%) dargestellt. ANA=antinukleäre Antikörper; AMA=antimitochondriale Antikörper; SMA=„smooth muscle antibodies"; mHAI=modifizierter histologischer Aktivitätsindex. 1Gruppen: (1)UDCA Monotherapie, (2)lmmunsuppression bei Diagnose (3)lmmunsuppression im zeitlichen Verlauf (Mittelwert: 58 Monate);

2p: Vergleich zwischen Gruppen 1 und 2, 3p: zwischen 2 und 3, 4p: zwischen 1 und 3; *statistisch signifikant p<0,05