Gastroenterologie up2date 2012; 8(1): 2-3
DOI: 10.1055/s-0032-1306684
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Pankreastumoren: Bessere Punktionsdiagnostik bei anwesendem Pathologen

Bence  Sipos
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Publication Date:
14 March 2012 (online)

Kommentar zu: Einfluss der On-Site-Zytopathologie während endoskopischer ultraschallgesteuerter Feinnadelpunktion von Pankreastumoren auf die diagnostische Genauigkeit

Influence of on-site cytopathology evaluation on the diagnostic accuracy of endoscopic ultrasound-guided fine needle aspiration (EUS-FNA) of solid pancreatic masses

Iglesias-Garcia J, Dominguez-Munoz JE, Abdulkader I, Larino-Noia J, Eugenyeva E, Lozano-Leon A, Forteza-Vila J; Department of Gastroenterology and Hepatology, University Hospital of Santiago de Compostela, Santiago de Compostela, Spain

Hintergrund: Für die Therapieentscheidungen bei einem Pankreastumor ist eine histopathologische Diagnostik unerlässlich. Standard bei der Biopsie ist dabei die endoskopische ultraschallgesteuerte Feinnadelpunktion. J. Iglesias-Garcia et al. gingen nun der Frage nach, ob sich durch einen bei der Biopsie anwesenden Pathologen die Ergebnisse verbessern lassen.

Methoden: Die Autoren identifizierten hierzu aus einer prospektiv angelegten Datenbank retrospektiv Patienten mit einem soliden Pankreastumor, die sich einer endoskopischen ultraschallgesteuerten Feinnadelaspiration unterzogen hatten. Je nach Verfügbarkeit war bei der Prozedur ein Zytopathologe anwesend, der nach jeder Punktion die Probe verarbeitete und sofort begutachtete. Die Punktionen wurden solange wiederholt, bis der Pathologe das Material als ausreichend für eine Diagnosestellung erachtete. War kein Pathologe bei der Biopsie anwesend, wurde das Material auf Objektträgern ausgestrichen, fixiert und an das pathologische Institut geschickt. Um adäquates Untersuchungsmaterial zu erhalten, erfolgten mindestens 3 Punktionen. Die Autoren verglichen in der Folge beide Vorgehensweisen im Hinblick auf das Ergebnis miteinander. Als Vergleichsstandard dienten entweder die OP-Präparate oder eine klinische Beobachtung über mindestens 12 Monate.

Ergebnisse: Insgesamt gingen 182 Patienten in die Analyse ein, bei 95 Biopsien (52,2 %) war ein Zytopathologe anwesend gewesen. In diesen Fällen erfolgten weniger Punktionen (2,0 vs. 3,5) und es wurden häufiger adäquate Proben gewonnen (98,9 % vs. 87,4 %). Von 79 malignen Tumoren, bei denen die Gewebeprobe mit einem anwesenden Pathologen erfolgt war, wurden 76 korrekt als maligne klassifiziert (Sensitivität 96,2 %). War kein Pathologe anwesend, war dies nur bei 43 von 55 Tumoren der Fall (Sensitivität 78,2 %). Bei den 51 Patienten mit benignem Tumor gab es kein falsch positives Ergebnis. An Komplikationen kam es bei 2 Patienten (1,1 %) zu einer leichten Pankreatitis und bei einem Patienten zu einer Blutung an der Einstichstelle im Magen, die sich aber endoskopisch beherrschen ließ. Dies war in allen 3 Fällen auf zahlreiche Punktionen zurückzuführen bei Abwesenheit eines Pathologen (Komplikationsraten 3,4 % vs. 0 %).

Folgerung: Ist bei einer endoskopischen ultraschallgesteuerten Feinnadelpunktion des Pankreas ein Pathologe anwesend, verbessert dies die diagnostische Ausbeute und ist mit signifikant weniger Punktionen und inadäquaten Proben assoziiert, so die Autoren.

Am J Gastroenterol 2011; 106 : 1705 – 1710

(zusammengefasst von Dr. med. Johannes Weiß, Bad Kissingen)

Histopathologische Diagnostik. Die Materialgewinnung für morphologische Diagnostik bei unklaren Pankreasläsionen ist häufig anspruchsvoll und erfordert besondere Erfahrung von Internisten/Radiologen. Die Erwartungen an die morphologische Diagnostik der Pankreasraumforderungen sind hoch, da eine Punktionsdiagnostik in denjenigen Fällen durchgeführt wird, bei denen weder klinisch noch radiologisch oder serologisch eine eindeutige Diagnose gestellt werden kann. Die histopathologische Diagnose ist auch bei inoperablen Pankreasneoplasien notwendig für eine palliative Therapie (evtl. mit neoadjuvanter Intention). Es ist vorauszusehen, dass gezielte Therapieoptionen auch für Pankreasneoplasien entwickelt werden, für die eine prädiktive histopathologische Diagnostik (wie derzeit für die Her2-Expression aus Magenbiopsaten) obligat wird.

On-Site-Zytologie. Wie der Artikel von Iglesias-Garcia zeigt, wird der diagnostische Wert der Pankreaspunktate durch die Anwesenheit von Zytopathologen deutlich höher und die Komplikationsrate geringer. Die unmittelbare Kontrolle der Punktatqualität reduziert die Anzahl der Punktionen und trägt wesentlich zum Erfahrungsgewinn des punktierenden Arztes bei. Allerdings bedeutet die Anwesenheit eine deutliche Zusatzbelastung der Pathologen, was bei heutigem Mangel an erfahrenen Pathologen ein limitierender Faktor ist.

Neue Entwicklungen. Zwei erfreuliche Entwicklungen erweitern die Anwendbarkeit der On-Site-Zytologie: Zum einen stehen heutzutage qualitativ hochwertige und relativ kostengünstige Objektträger-Scanner oder Mikroskopkameras (Telepathologie) zur Verfügung, wodurch man mit einem einfachen Internetzugang die Qualität der Ausstrichpräparate ohne persönliche Anwesenheit des Pathologen überprüfen kann. Dies reduziert den Aufwand des Pathologen auf wenige Minuten, was zur Kostenreduktion und zur effektiveren Zusammenarbeit zwischen Klinikern und Pathologen führt.

Zum zweiten gibt es die Möglichkeit, aus Punktaten nicht nur Ausstriche, sondern auch Zellblockpräparate anzufertigen. Die Zellblockpräparate haben den Vorteil, dass das oft geringe Untersuchungsmaterial angereichert wird und zahlreiche immunzytochemische Färbungen durchzuführen sind, was an Ausstrichpräparaten deutlich limitiert ist. Die zytologische Probengewinnung wird in der Zukunft auch dadurch aufgewertet, dass die Entwicklung der Molekularpathologie eine prädiktive Diagnostik auch aus wenigen Zellen ermöglicht.

Fazit. Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Qualitätskontrolle der Pankreaspunktate durch erfahrene Pathologen einen wichtigen Beitrag zur diagnostischen Sicherheit leistet. Durch die technischen Entwicklungen (Zellblockpräparation und molekulare Pathologie) wird die Punktionszytologie im klinischen Alltag wahrscheinlich immer wichtiger.

Prof. Dr. med. Bence Sipos

Institut für Pathologie und Neuropathologie

Liebermeisterstraße 8
72076 Tübingen

Email: bence.sipos@med.uni-tuebingen.de

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