Rofo 2012; 184(10): 872
DOI: 10.1055/s-0032-1318938
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erhebung des Agatston-Score – Zusatznutzen beim Bronchialkarzinom-Screening?

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Publication Date:
24 October 2012 (online)

Das Ausmaß einer Ablagerung von Kalziumsalzen in den Koronararterien kann für die Vorhersage des kardiovaskulären Risikos herangezogen werden. Die Beurteilung dieses „Koronararterienkalks“ erfolgt derzeit vor allem unter EKG-Triggerung mithilfe der Mehrschicht-CT (MDCT), teilweise auch mit der technisch relativ aufwendigen Elektronstrahltomografie (EBT). Möglicherweise aber lässt sich ein entsprechender Befund auch aus Aufnahmen erheben, die mittels Low-Dose-CT im Rahmen einer Screening-Untersuchung auf Bronchialkarzinome angefertigt wurden. Eine niederländische Arbeitsgruppe hat dies nun überprüft.

AJR Am J Roentgenol 2012; 198: 505–511

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Laut den Autoren scheint der bei dem Bronchialkarzinom-Screening erhobene Agatston-Score bei der Beurteilung des allgemeinen Sterberisikos un des kardiovaskulären Risikos hilfreich zu sein. Im Bild: CT einer 58-jährigen Patientin mit einem hilären, kleinzelligen Bronchialkarzinom links und Infiltration der Aortenwand der Aorta descendens. b Präoperatives CT nach neoadjuvanter Chemotherapie zur Therapieplanung (Bild: Puls R, Rosenberg C, Kühn JP et al. Fortschr Röntgenstr 2012; 184: 15–23).

Der koronare Kalzium-Score (CAC-Score), auch als Agatston-Score bezeichnet, kann auch aus den Low-Dose-CT berechnet werden, wie sie derzeit in Studien zum Wert eines Routine-Screenings auf Bronchialkarzinome eingesetzt werden. Die so gewonnenen Werte stellen eine unabhängigen Prädiktor für die Gesamtsterblichkeit und für kardiovaskuläre Ereignisse dar. Das haben P. Jacobs und Mitarbeiter in einer Fall-Kohorten-Studie mit insgesamt 958 Teilnehmern herausgefunden, einer Subgruppe der Teilnehmer einer Früherkennungsuntersuchung in den Jahren 2004 bis 2006. Alle Probanden waren zum Zeitpunkt der Untersuchung starke Raucher oder hatten früher stark geraucht (mindestens 15 Packungsjahre) und stellten somit eine Hochrisikogruppe nicht nur für Bronchialkarzinome, sondern auch für KHK und Myokardinfarkt dar.

Bei den Studienteilnehmern war aus der CT-Untersuchung der Agatston-Score berechnet und in 4 Kategorien eingeteilt worden:

  • CAC-Score 0: sehr niedriges Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, Referenzgruppe

  • CAC-Score bis 100: niedriges Risiko

  • CAC-Score zwischen 100 und 1000: intermediäres Risiko

  • CAC-Score über 1000: sehr hohes Risiko

Der primäre Endpunkt war die Gesamtsterblichkeit. Sekundäre Ergebnisparameter umfassten zum einen den Komposit-Endpunkt kardiovaskuläre Ereignisse aus Tod und Klinikaufnahmen wegen einer kardiovaskulären Erkrankung sowie den Komposit-Endpunkt koronare Ereignisse aus tödlichen Myokardinfarkten und Klinikaufnahmen wegen einer KHK.

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 21,5 Monaten für den primären und von 9,5 bzw. 10 Monaten für die beiden sekundären Endpunkte waren insgesamt 56 Todesfälle und 127 kardiovaskuläre Ereignisse – davon 61 koronare Ereignisse – aufgetreten. Im Vergleich zu einem CAC-Score von 0 stieg das Sterberisiko mit zunehmendem Punktwert linear an: Die Hazard Ratio (HR) lag bei 3,0 für einen CAC-Score bis 100, bei 6,13 für einen Wert zwischen 100 und 1000 und bei 10,93 für Werte über 1000. Ähnlich lagen die Verhältnisse für das koronare Risiko: Nach Adjustierung für sonstige kardiovaskuläre Risikofaktoren – wie Bluthochdruck, Diabetes und Dyslipidämien – stiegen die HR-Werte von 1,38 für die Probanden mit niedrigem Risiko gemäß CAC-Score über 3,04 (intermediäres Risiko gemäß CAC-Score) bis auf 7,77 in der Gruppe mit sehr hohem Risiko.

Fazit

Eine Beurteilung des allgemeinen Sterberisikos und des kardiovaskulären Risikos im Besonderen ist mit der Beurteilung der CAC-Werte aus Low-Dose-CT-Aufnahmen möglich, wie sie beim Bronchialkarzinom-Screening eingesetzt werden, so die Autoren. Zwar müsse für endgültige Schlussfolgerungen noch eine Kosten-Nutzen-Berechnung für die regelmäßige Integration der CAC-Score-Berechnung im Rahmen des Bronchialkarzinom-Screenings aufgestellt werden, trotzdem scheine die Maßnahme schon jetzt sinnvoll.

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen