Gesundheitswesen 2013; 75(06): 356-359
DOI: 10.1055/s-0032-1321757
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesundheitliche Kontrollüberzeugungen von Patienten in Disease Management Programmen

Health Locus of Control of Patients in Disease Management Programmes
M. Schnee
1   Medizinsoziologie, Goethe-Universität, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt am Main
,
F. Grikscheit
1   Medizinsoziologie, Goethe-Universität, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Frankfurt am Main
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Publication Date:
03 August 2012 (online)

Zusammenfassung

Gesundheitliche Kontrollüberzeugungen spielen eine wesentliche Rolle bei der Stärkung der Selbstmanagementkompetenz von chronisch Kranken, die in Disease Management Programmen (DMP) gestärkt werden soll. Der Beitrag charakterisiert DMP-Teilnehmer hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Kontrollüberzeugungen. Datengrundlage sind 4 postalische Querschnittserhebungen zwischen Frühjahr und Herbst 2006 und 2007 im Rahmen des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann Stiftung. Unter den 6 285 Befragten befinden sich 1 266 chronisch Kranke, die nicht in einem DMP eingeschrieben sind, und 327 DMP-Teilnehmer. Eine hohe internale Kontrollüberzeugung (HLC) tritt unter Kontrolle von Alter, Geschlecht und Schichtzugehörigkeit signifikant seltener bei DMP-Patienten als bei normalen chronisch Kranken (und auch Gesunden) auf. Mit zunehmendem Alter wird eine hohe internale Kontrollüberzeugung ebenfalls signifikant unwahrscheinlicher. Beim Vergleich von Gesunden, chronisch Kranken und DMP-Teilnehmern ist ein sozialer Gradient einer hohen internalen Kontrollüberzeugung zu beobachten. Die schwächere internale und die höhere arztbezogen-externale Kontrollüberzeugung von DMP-Teilnehmern muss vom behandelnden Arzt bei der Stärkung der Selbstmanagementkompetenz berücksichtigt werden. Die Evaluation von DMP muss beim Vergleich mit Kontrollgruppen von unterschiedlichen Ausgangswerten ausgehen und diese in die Evaluation mit einbeziehen.

Abstract

Health locus of control beliefs plays a major role in improving self-management skills of the chronically ill – a main goal in disease management programmes (DMP). This study aims at characterising participants in disease management regarding their health locus of control. Data are based on 4 cross-sectional postal surveys between spring and autumn of 2006 and 2007 within the Health Care Monitor of the Bertelsmann Foundation. Among the 6 285 respondents, 1 266 are chronically ill and not enrolled in a DMP and 327 are participating in a DMP. A high internal locus of control (HLC) occurs significantly less often in DMP patients than in normal chronically ill patients (and healthy people) controlling for age, gender and social class. With increasing age, a high internal locus of control is also significantly less likely. When comparing healthy people, the chronically ill and the DMP participants a social gradient of a high internal locus of control belief can be observed. The weaker internal and higher doctor-related external locus of control of DMP participants should be carefully observed by the physician when trying to strengthen the patients’ self-management skills. Evaluators of DMP should take into account the different baselines of DMP patients and relevant control groups and incorporate these differences into the evaluation.

 
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