Ultraschall Med 2012; 33 - A403
DOI: 10.1055/s-0032-1322685

Schluckdiagnostik mittels Ultraschall. Funktionsdiagnostik des oberen Ösophagus und Hypopharynx

G Wolf 1, C Bader 1, V Hertel 1, L Grebe 1, B Schick 1
  • 1Hals-Nasen-Ohrenklinik des Universitätsklinikums des Saarlandes Homburg/Saar

gregor.wolf@uks.eu

Zur Beurteilung des Schluckaktes werden aktuell der Ösophagusbreischluck als bildgebendes Verfahren und die FEES (fiberoptic endoscopic examination ofswallowing) als klinisch endoskopische Untersuchung genutzt. Bei beiden Verfahren wird die Bolusbildung, die Schluckeinleitung sowie die Schluckpassage beurteilt. Die Diagnostik mittels Gastrografin unter kontinuierlicher Durchleuchtung bietet eine Beurteilung des gesamten Schluckaktes beginnend in der Mundhöhle bis zum Kontrastmittelübertritt in den Magen. Nachteilig an diesem Verfahren ist die Strahlenbelastung des Patienten. Passagestörungen werden indirekt an einem Verhalt des Gastrografin diagnostiziert und müssen dann anatomischen oder pathologischen Schluckhindernissen zugeordnet werden. Weitere Nachteile sind mögliche allergische Reaktionen auf Gastrografin und die Beschränkung auf eine Konsistenz im Untersuchungsverfahren. Die fiberoptische endoskopische Untersuchung des Schluckaktes ermöglicht eine direkte Ansicht der Einleitung des Schluckens und auf pathologische Raumforderungen im Bereich der Zunge, des Zungengrundes und des Hypopharynx. Funktionelle Störungen in diesem Bereich können unter direkter Sicht diagnostiziert werden. Nachteilig bei diesem Verfahren ist die fehlende Beurteilbarkeit der ösophagealen Phase des Schluckaktes.

Sonografische Untersuchungen des Schluckaktes im Bereich der Mundhöhle, der Zunge und des Zungengrundes wurden vielfach durchgeführt und publiziert. Hierbei konnte stets eine gute Beurteilbarkeit nachgewiesen werden.

In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob eine Sonografie des Schluckaktes im Bereich des Zungengrundes, des Hypopharynx und des oberen Ösophagusdrittels möglich ist und ob zusätzliche Erkenntnisse zu den etablierten Verfahren gewonnen werden können.

Es wurden 50 gesunde Probanden sonografisch untersucht. Als Ausschlusskriterien wurden anamnestische Schluckbeschwerden, Erkrankungen im Bereich der Zunge und des Zungengrundes, des Oro- und Hypopharynx, des Larynx, des Ösophagus und im Bereich der Schilddrüse festgelegt. Die Untersuchungen wurden mittels eines Siemens X300 Ultraschallgerätes mit einemMultifrequenz- Schallkopf im THI-Verfahren durchgeführt. Die Lagerung der Probanden erfolgte auf dem Rücken liegend mit einer Nackenrolle unter dem Hals. Zunächst wurde der Zungengrund, die Schilddrüse und der sonografisch sichtbare Anteil des Ösophagus in Millimetern vermessen. Im Anschluss wurde der Ösophagus im Längsschnitt eingestellt und die Probanden schluckten nacheinander ihren Speichel, einen Schluck Wasser und einen Teelöffel voll Götterspeise. Die Passage im Bereich des oberen Ösophagusdrittels konnte videodokumentiert werden. Jeweils ein wenig erfahrener und ein erfahrener Ultraschalluntersucher (mindestens Degum Stufe 2) führten die Sonografien gemeinsam durch. Bei fast allen Probanden ließen sich die genannten anatomischen Strukturen darstellen. Bei der Untersuchung des Schluckaktes ließen sich zumeist alle Wandschichten des Ösophagus darstellen. Hierbei konnte die Kontraktionswelle des Einschluckens, die Passage der verschiedenen Medien, ein gelegentliches Nachschlucken als auch der Verhalt von Resten des jeweiligen Mediums oder Luftblasen im Bereich des oberen Ösophagusdrittels dargestellt werden. Alle drei geschluckten Medien (Speichel, Wasser, Götterspeise) ließen sich sonografisch anhand ihrer Echostruktur und Ösophaguspassage identifizieren und voneinander unterscheiden.

Schlussfolgerung/Summary:

Die Sonografie des oberen Ösophagusdrittels mit Funktionsuntersuchung des Schluckaktes stellt eine neue Möglichkeit der Beurteilung von Schluckstörungen dar. Sowohl die Geschwindigkeit der Muskelkontraktionswelle im Bereich der einzelnenWandschichten als auch die Aufdehnung des Ösophagus mit Passage der einzelnen geschluckten Medien konnte sicher dargestellt werden. Perspektivisch können obstruktive und funktionelle Passagestörungen im Bereich des oberen Ösophagus dargestellt werden.

Weitere Untersuchungen in diesem Bereich werden von den Autoren durchgeführt.