Ultraschall Med 2012; 33 - A706
DOI: 10.1055/s-0032-1322699

Zystische Raumforderung der Fossa posterior mit Hydrocephalus – Herausforderung an die pränatale Diagnostik und Beratung

TW Goecke 1, F Faschingbauer 1, F Heller 1, O Rompel 1, R Trollmann 1, MW Beckmann 1, U Germer 1, F Voigt 1
  • 1Frauenklinik, DE Erlangen

franziska.voigt@uk-erlangen.de

Patientenfall:

Erstvorstellung (30-j. IIG/IP) 20+0 SSW zur pränatalen Prognoseeinschätzung sowie Durchführung eines fetalen MRTs bei Hydrocephalus und Zyste der Fossa posterior mit schmalen Kleinhirn-Hemispheren sowie fehlender Darstellbarkeit der Vermis cerebelli. Zudem fetale Bradykardie mit AV-Block III° bei maternalem Lupus mit positiven Anti-Ro/-La-AK. Unauffälliger männlicher Karyotyp. Im US/MRT moderate Ventrikulomegalie und große (14×16mm) zystische Formation der Fossa post., großflächig mit dem IV. Ventrikel kommunizierend. Weder im US noch im fetalen MRT ließ sich der Kleinhirn-Wurm abgrenzen.

Präpartales Vorgehen:

Bei fragl. Vermisaplasie wurde der V.a. eine Dandy-Walker-Malformation (DWM) geäußert. Nach mehreren, auch interdisziplinäre Beratungsgesprächen mit den Kollegen der Neuropädiatrie mit Hinweis auf das erhöhte Risiko psychomotorischer Entwicklungsstörungen sowie die Möglichkeit einer unauffälligen Entwicklung Entschluss zum Fortsetzen der Schwangerschaft. In den pränatalen US-Kontrollen in der 25./31. SSW kleiner werdende Zyste der Fossa post.. In der 36. SSW (Sono + MRT) Darstellung einer normal entwickelten Vermis cerebelli und milde Ventrikulomegalie, sodass retrospektiv die Diagnose einer verspäteten Öffnung des Blake Pouch (BP) angenommen werden musste.

Postpartales Outcome:

Im postpartalen ZNS-Sono unauffällige hintere Schädelgrube. Persistierende, milde Ventrikulomegalie, aktuell (4. Lebensmonat) nicht shunt. oder schrittmacherpflichtig. Bisher unauffällige neurologische Entwicklung.

Diskussion:

Zystische Raumforderungen der Fossa posterior sind einfach zu erkennen, jedoch bereitet die korrekte Einschätzung häufig v.a. bei normalem Karyotyp erhebliche Probleme. Das Kleinhirn ist ein spät ausreifender Gehirnanteil, dessen schnelleres Wachstum um die 30. SSW beginnt und bis ins 1. Lebensjahr hinein anhält. Eine verzögerte Öffnung des Foramen Magendie/der Foraminae Luschkae mit sukzessiver Dilatation des Blake Pouch bei normalem Kleinhirn-Wurm sowie assoziiertem Hydrocephalus gehört zu den Differenzialdiagnosen zystischer Malformationen der Fossa posterior. Bei sehr großem BP kann durch Kompression des Kleinhirn-Wurms die Darstellung mittels Sono/MRT erheblich erschwert sein.

Schlussfolgerung/Summary:

Bei großer Zyste der Fossa posterior um die 21. SSW sollte die Verdachtsdiagnose „Vermisaplasie“ nur mit Vorsicht geäußert werden, da durch Kompressionseffekte trotz regelrechter Anlage der Kleinhirn-Wurm weder im Sono noch im MRT abgrenzbar sein kann. Es sollte auf Grund der späten Kleinhirn-Ausreifung zunächst die Verlaufskontrolle empfohlen werden, um passagere Erscheinungen wie die BP-Zyste mit guter Prognose von persistierenden Pathologien wie der DWM sicher differenzieren zu können. Eine umfassende interdisziplinäre, bei Bedarf auch wiederholte pränataldiagnostische Beratung sowie Begeitung einer konfliktbehafteten Schwangerschaft ist essenziell, um Schwangerschaftsabbrüche aus maternaler Indikation bei unklarer Pathologie/Prognose zu vermeiden.