Ultraschall Med 2012; 33 - A1110
DOI: 10.1055/s-0032-1322761

TGC reloaded – Grundlagen, Anwendungen und Möglichkeiten. Weshalb ein Untersucher den Bildparameter Tiefenausgleich genau kennnen sollte

J Bönhof 1
  • 1DKD, DE Wiesbaden

jaboe@gmx.de

Ziel:

Besser Schallen durch Verständnis der Funktion des Tiefenausgleichs, Nutzung aller damit verbundenen Möglichkeiten und durch optimale TGC-Einstellung.

Patienten:

Patienten des Fachbereichs Bildgebende Verfahren der Deutschen Klinik für Diagnostik Wiesbaden mit normalen und pathologischen Befunden, Teilnehmer des Qualitätszirkels Sonografie Wiesbaden, sowie freiwillige Probanden.

Methode:

Systematisches Ausprobieren unterschiedlicher Einstellungen unter verschiedenen Bedingungen bei leicht und schwer beschallbaren Probanden und Patienten, bei der Untersuchung von parenchymatösen Organen, wie der Leber und Milz, sowie von Hohlorganen wie Harnblase, Gallenblase und Blutgefäßen mit Schallköpfen unterschiedlicher Nennfrequenz und Abtastgeometrie bei verschiedenen Ultraschallgeräten. Digitale Dokumentation zur Auswertung der Sonogramme.

Voraussetzungen: Tiefenausgleich – warum?

Immer noch trifft man ab und zu auf die Vorstellung, an einem Sonografiegerät sei an einer einmal vorgenommenen Einstellung der Geräte-Parameter möglichst keine Änderung vorzunehmen, um untereinander vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Dass dies keine optimale Voraussetzung für gute Sonogramme und zuverlässige Diagnosen ist, zeigt sich z.B. auch am Tiefenausgleich. Die zur Bilderzeugung gesendeten Schallpulse und deren Echos verlieren während der Passage durchs Gewebe an Intensität. Die Schallschwächung (“attenuation“) ist bedingt durch Ausbreitung im Raum, Absorption (Umwandlung in Wärme), Reflexion, Streuung, Beugung und Brechung. Zum Ausgleich dieser Schwächung ist in Sonografiegeräten für die helligkeitskodierte Darstellung der Echos (B-Mode) eine Funktion integriert, die die aus zunehmender Tiefe zurückreflektierten und zurückgestreuten Echos laufzeitabhängig zunehmend verstärkt. Schallkopf-nah entstehende Echos erfordern eine geringere Verstärkung als solche, die aus größeren Tiefen zurückkehren. Diese Funktion wird Tiefenausgleich, Laufzeit-abhängige Verstärkung (LAV), Tiefen-abhängige Verstärkung, Time Gain Compensation (TGC), Depth Gain Compensation (DCG), Attenuation Compensation genannt oder mit anderen weniger gebräuchlichen Termini bezeichnet.

Zur Anpassung dieser Tiefenausgleichsfunktion an die je nach Untersuchungsbedingung (abhängig von Patient, Körperregion, Gewebe- und Organeigenschaften, Nennfrequenz des Schallkopfes) unterschiedlich ausgeprägten Schallschwächungen sind bei vielen Ultraschallgeräten untereinander angeordnete Schieberegler angebracht, die zur jeweils individuell anzupassenden Einstellung verschoben werden können: die oberen sind für die Schallkopf-nahen, die unteren für die Schallkopf-fernen Bildanteile; sie sind nach links für eine geringere und nach rechts für eine stärker Anhebung der Bildhelligkeit in den entsprechenden Bildtiefen verschiebbar. Zweck der Einstellung ist, gleichartige Reflektoren auch in unterschiedlichen Bildtiefen gleich hell abbilden zu können. Die Stellung der TGC-Regler kann oft anhand einer Kennlinie in den Sonogrammen abgelesen und dokumentiert werden. Einige Sonografiegeräte haben unter der Vorstellung, dadurch „Benutzer-freundlich“ und leichter bedienbar zu sein, für den Tiefenausgleich entweder zusätzlich zur manuellen Einstellmöglichkeit oder ausschließlich eine Automatik. Eine solche Automatik ist in einigen Situationen nützlich. Problematisch ist dabei aber u.a., dass die Kohärenz zwischen den manuell zu bedienenden Reglern mit der tatsächlichen – der auf das Sonogramm angewandten und vom Gerät angezeigten – TGC-Funktion verloren geht, d.h. die Stellung der Regler entspricht nicht mehr dem für das Bild wirksamen Tiefenausgleich. Bei Anwendung einer solchen Automatik ist es sinnvoll, die TGC-Regler, sofern vorhanden, in einer geraden Linie – wie „I“ – in die Mitte des Regelbereiches zu schieben, bevor man die Automatik aktiviert, damit bleibt dann genügend Spielraum für eine evtl. erforderliche manuelle Korrektur.

Ergebnisse:

Durch Einstellung der Tiefenausgleichsregler lassen sich – trotz der Schallschwächung im Gewebe, die verschieden stark ausgeprägt sein kann – gleichartige Reflektoren auch in unterschiedlicher Bildtiefe gleich hell abbilden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine zuverlässige Befundung von Sonogrammen und der Grund für die Implementierung dieser Funktion. Bei Beschallung von Objekten mit angemessener Nennfrequenz und adäquater Einstellung des Tiefenausgleichs stehen die Regler für eine gleiche Helligkeit gleichartiger Reflektoren in unterschiedlicher Tiefe etwa in einer geraden senkrecht verlaufenden Linie, wie „I“. Ist die Schallschwächung des untersuchten Objekts stärker oder die Nennfrequenz des Schallkopfes tendenziell zu hoch, wird eine angemessene Bildeinstellung durch eine Reglerstellung wie „\“ und umgekehrt bei geringerer Schwächung bzw. eher zu niedriger Nennfrequenz durch eine TGC-Regler-Kurve wie „/“ erreicht. Somit kann aus der Stellung der TGC-Regler einerseits auf die Schallschwächung im untersuchten Gebiet oder Organ geschlossen werden. Andererseits lässt sich an der Stellung der Regler auch ablesen, ob eine höhere oder niedrigere Nennfrequenz für die Untersuchung von Vorteil wäre. Somit hat die Stellung der TGC-Regler auch Bedeutung für die Wahl des Schallkopfes bzw. dessen Nennfrequenz.

Nicht-Echo-Gebendes wie der Inhalt einer normalen gefüllten Harnblase, Gallenblase, eines Blutgefäßes oder einer Zyste wird bei „normaler“, in einer geraden oder schrägen Linie verlaufenden Stellung der TGC-Regler oft nicht wie gewünscht oder erforderlich echofrei abgebildet. Durch Einstellung einer geringeren Verstärkung in der entsprechenden Bildtiefe ist eine adäquate echofreie Abbildung möglich. Die TGC-Linie ist dann nicht mehr gerade, sondern hat eine links-konvexe Ausbuchtung. Hier die optimale Einstellung zu finden, kann ein schwieriger Balanceakt zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ sein: in beiden Fällen – bei zu geringer Verstärkung durch Wegnehmen und bei zu hoher Verstärkung durch Überlagerung der wichtigen Bildinformation – kann es zu Fehldiagnosen kommen.

Schlussfolgerungen:

Funktion und Anwendung des Tiefenausgleichs ist für die 4 folgenden Aspekte relevant:

  • gleichartige Reflektoren in unterschiedlicher Bildtiefe gleich hell abbilden.

  • Abschätzen der Schallschwächung an der Stellung der TGC-Regler.

  • Die Stellung der TGC-Regler gibt Hinweise auf die Wahl der adäquaten Nennfrequenz.

  • nicht-Echo-Gebendes lässt sich durch angepasste TGC-Einstellung echofrei abbilden.

Bei Nutzung einer TGC-Automatik sind – je nachdem, wie diese programmiert ist – die Punkte 2, 3 und 4 entweder nur eingeschränkt oder evtl. auch gar nicht möglich.