Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A88
DOI: 10.1055/s-0032-1323251

Komplementärmedizin aus Sicht von Heilpraktikern – eine qualitative Studie

K Glassen 1, J Szecsenyi 1, S Joos 1
  • 1Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg

Einleitung: Studien belegen ein seit Jahren enorm wachsendes Interesse an Komplementärmedizin in der Bevölkerung [1,2,3,4]. Auch bei Ärzten zeigt sich ein wachsendes Interesse, was sich u.a. in der steigenden Zahl an Zusatzbezeichnungen widerspiegelt [5,6]. Eine Besonderheit in Deutschland ist, dass neben Ärzten auch Heilpraktiker unmittelbar an der Patientenversorgung beteiligt sind [7]. Die Zahl der registrierten Heilpraktiker steigt ebenfalls stark an und hat seit 2000 von 13.000 auf 32.000 im Jahr 2010 zugenommen [6].

Studienfrage: Ziel dieser qualitativen Studie ist die Exploration des Stellenwertes und Inanspruchnahmeverhaltens von Komplementärmedizin aus Sicht von Heilpraktikern.

Methode: In einem über die Nachwuchsakademie Versorgungsforschung Baden-Württemberg geförderten Projekt werden 150 Heilpraktiker per Zufallsstichprobe aus den Gelben Seiten rekrutiert. Von 61 interessierten Heilpraktikern (neun haben sich auf die Pressemitteilung gemeldet), werden 30 nach festgelegten Kriterien ausgewählt und im Rahmen von teilstrukturierten Interviews anhand eines Leitfadens befragt. Dieser enthält u.a. Fragen zu den Gründen für die Berufswahl und die gewählten Schwerpunkte, Aus- und Fortbildung, Arbeitsweise und Arbeitsphilosophie, Erfahrungen mit Ärzten und anderen Gesundheitsberufen, Versorgungsqualität und mögliche Entwicklungen im Gesundheitssystem. Die digital aufgezeichneten Daten werden als Volltexte transkribiert und inhaltsanalytisch nach Mayring ausgewertet.

Ergebnis: Die Studie befindet sich zum Zeitpunkt der Abstracteinreichung in der Endphase der Datenerhebung. Auf dem Kongress können erste Ergebnisse vorgestellt werden.

Schlussfolgerung: Vor dem Hintergrund der Inanspruchnahme ist eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Komplementärmedizin notwendig. Diese qualitative Studie erhebt erstmalig Daten aus diesem versorgungsrelevanten, aber bisher wenig erforschten Bereich der Patientenversorgung aus dem Blickwinkel von Heilpraktikern.

Literatur: [1] Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 9. Inanspruchnahme alternativer Methoden in der Medizin. August 2002

[2] Härtel U, Volger E. Inanspruchnahme und Akzeptanz klassischer Naturheilverfahren und alternativer Heilmethoden in Deutschland – Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsstudie. Forsch Komplementärmed Naturheilkd 2004;11:327-334

[3] Häußermann D. Politik Aktuell. Allensbach-Studie Wachsendes Vertrauen in Naturheilmittel. Dtsch Ärztebl 1997;94(39):2466

[4] Institut für Demoskopie Allensbach. Naturheilmittel 2010. Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung. Juli 2010: www.ifd-allensbach.de/studien-und-berichte/veroeffentlichte-studien.html (letzter Zugriff am 24.04.2012)

[5] Joos S, Musselmann B, Szecsenyi J. Integration of Complementary and Alternative Medicine into Family Practices in Germany: Results of a National Survey. Evid. Based. Complement Alternat Med. 2009 Mar 17

[6] Gesundheitsberichterstattung des Bundes: www.gbe-bund.de (letzter Zugriff 24.04.2012)

[7] DESTATIS Statistisches Bundesamt. Gesundheit Personal 2000 bis 2009. Fachserie 12 Reihe 7.3.2 Wiesbaden 2010