Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A107
DOI: 10.1055/s-0032-1323270

Was sagen uns Kognitive Interviews?

C Güthlin 1, E Tautz 2
  • 1Institut für Allgemeinmedizin/Universität Frankfurt, Frankfurt
  • 2Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg

Einleitung: Kognitive Interviews finden Verwendung bei der der Pre-Testung von Fragebogeninstrumenten, z.B. soll die „Thinking-Aloud-Technik“ zeigen, welche Gedankengänge beim Beantworten einer Frage vollzogen werden. Probanden werden gebeten, ihre Gedanken zu schildern, die spontan bei der Beantwortung entstehen. Hier wurde die Thinking-Aloud-Technik verwandt, um Items eines Fragebogens zu untersuchen, der Erfahrungen und Bedürfnisse von Brustkrebspatientinnen hinsichtlich der Information zu Komplementärmedizin (CAM) erfasst.

Methode: Nach der Konstruktion eines Fragebogens (zu Anwendung von CAM, Informationssuche- und Bedarf, Erfahrungen) wurden mit der Zielpopulation Kognitive Interviews geführt (v.a. Thinking Aloud). Insgesamt lagen Transkripte von 17 Interviews vor (6 onkologische Rehabilitation, 5 internistische Onkologie, 4 Frauenklinik und 2 Nachsorge Strahlenheilkunde). Bei einer Inspektion der Interviews unter der Perspektive der Fragebogenentwicklung erschien das Material so reichhaltig, dass eine formale Auswertung nach den Kriterien der Inhaltsanalyse vorgenommen wurde.

Ergebnisse: Es kristallisierten sich die Kategorien 1) Determinanten für die Anwendung von CAM, 2) Vorstellungen über die Wirkungsweise, 3) Wahrgenommene Indikatoren für die Wirksamkeit, 4) Probleme bei der Anwendung, 5) Kommunikation mit Ärztinnen aus den vergebenen Codes heraus. Insgesamt zeigte sich ein „Alleingelassen-Sein“ mit Fragen zur Komplementärmedizin.

Schlussfolgerungen: Das Material erbrachte deutliche Signale, wie Brustkrebspatientinnen in eine Art medizinisches Parallel-Universum geraten, wenn sie Komplementärmedizin anwenden. Nichts von diesen Ergebenissen war Gegenstand des Fragebogens war stellte zunächst keine Forschungsfrage dar. Hier konnte eine formale Inhaltsanalyse kognitiver Interviews zu den (zum Teil im Sinne der Fragebogenkonstruktion völlig abseitigen) Gedankengängen ein Phänomen verdeutlichen, das zunächst nicht Gegenstand der Studie war.