Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A135
DOI: 10.1055/s-0032-1323298

Qualitative Analyse zur Identifikation von Botschaften und Kommunikationskanälen für die Präventionskampagne „Gemeinsam gegen Mundkrebs in Schleswig-Holstein“

K Hertrampf 1, E Baumann 2, HJ Wenz 3, M Koller 4, H Scherer 5, J Wiltfang 6
  • 1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Kiel
  • 2Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Hannover
  • 3Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik und Werkstoffkunde, Kiel
  • 4Zentrum für Klinische Studien, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg
  • 5Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Hannover
  • 6Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Kiel

Hintergrund: Bei mehr als 13.000 Menschen wird in Deutschland jedes Jahr die Diagnose Tumor in der Mundhöhle und im Rachenraum gestellt. Zur Zielgruppenanalyse wurde 2007 erstmalig eine repräsentative Befragung in Schleswig-Holstein durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass Mundkrebs nahezu unbekannt ist und ein Informationsdefizit hinsichtlich Symptomen und Risikofaktoren besteht. Um die Wahrnehmung dieses Tumors zu verbessern, wird zurzeit eine Präventionskampagne in der Bevölkerung Schleswig-Holsteins realisiert. Zur zielgruppengerechten Gestaltung der Kampagne und Steigerung ihrer Wirksamkeit wurde im Vorfeld im Herbst 2011 eine formative Evaluation durchgeführt. Methode: Basierend auf der Zielgruppenanalyse wurden zur Bestimmung geeigneter Botschaften, und Kommunikationskanäle 28 Probanden aus drei Zielgruppen rekrutiert. (1) Risikopersonen: älter als 60 Jahre, eher bildungsfern, keine direkte oder indirekte Betroffenheit von Mundkrebs; (2) Betroffene: älter als 60 Jahre, an Mundkrebs erkrankt und therapiert und (3) Angehörige von Betroffenen. Die Explorationsstudie wurde mithilfe eines Leitfadens in Einzel- und Paarinterviews und einer Fokusgruppe realisiert. Ergebnisse: Bildungsferne ältere Menschen, vor allem männliche Zielpersonen, müssen bei ihrer eher passiven Haltung zur eigenen Gesundheit, ihrem inaktiven Informations- und Kommunikationsverhalten und ihrer teils geringen Bereitschaft zur Verarbeitung präventiver Botschaften abgeholt werden. Das Thema Mundkrebs sollte in den Kampagnenmedien textlich und bildlich explizit gemacht werden, ohne auf eine Schockwirkung zu zielen. Vielmehr sollten die Niedrigschwelligkeit und guten Präventionsmöglichkeiten betont werden. Als Multiplikator kommt dem Zahnarzt eine Schlüsselrolle zu. Schlussfolgerung: Die Kampagne muss verschiedene Kommunikationskanäle integrieren. Aufgrund des eher inaktiven Kommunikationsverhaltens der Risikopersonen kommt interpersonalen und settingbezogenen Ansätzen ein besonderer Stellenwert zu.