Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A136
DOI: 10.1055/s-0032-1323299

Psychosozialer Unterstützungsbedarf bei Partnergewalt – Hemmnisse und Hindernisse für eine Inanspruchnahme des psychosozialen Unterstützungssystems für gewaltbetroffene Frauen aus Sicht der Betroffenen

L Herzig 1, D Hahn 1, F Doherr 1, V Amontow 1
  • 1Hochschule Fulda, Fachbereich Pflege und Gesundheit, Fulda

Problemstellung: Partnergewalt gegen Frauen hat gravierende Folgen für die Gesundheit. In der BRD lebt jede siebte Frau in einer Gewaltbeziehung und ist damit Gesundheitsrisiken ausgesetzt (Schröttle/Müller 2004). Nur 14% dieser Frauen nehmen Unterstützungsangebote in Anspruch (Brzank et al. 2011). In dem Beitrag wird untersucht, warum vorhandene Unterstützungsangebote nicht oder kaum in Anspruch genommen werden, welchen Unterstützungsbedarf gewaltbetroffene Frauen benötigen und welche Unterstützungsangebote hilfreich wären. Patienten und Methoden: Die Untersuchung basiert auf einem qualitativen Forschungsdesign. Auf der Basis von Interviews wurde untersucht was zur Beendigung einer gewalttätigen Beziehung beiträgt. Interviewt wurden 1. Frauen die sich getrennt haben, 2. Männer die Beratung in Anspruch nahmen sowie 3. Expertinnen und Experten der Unterstützungssysteme. Die Interviews wurden mit der Methode der Grounded Theory ausgewertet. Ergebnisse: Es zeigte sich, dass zwar häufig die Beratungsstellen, nicht aber deren Unterstützungsangebote bei Partnergewalt bekannt waren, ebenso wenig wie die Dynamik von Partnergewalt. Viele Frauen die Hilfe suchen, suchen sie in direktem Anschluss an eine Gewalteskalation, bevor sie ihr Alltagshandeln wieder aufnehmen, besonders Mütter. Viele hätten sich umfassende Information und Unterstützung bei der Entscheidungsfindung und der Realisierung der Trennung gewünscht, gerne von einer ehemals gewaltbetroffenen Frau. Schlussfolgerungen: Niedrigschwellige und bereichsübergreifende Unterstützung, die direkt nach Gewalteskalationen einsetzt, scheint dazu beitragen zu können, den Verbleib in gewaltbetroffenen Partnerschaften abzukürzen. Dies wird noch verstärkt, wenn eine verlässliche Ansprechpartnerin die Frauen in diesem Prozess begleitet. Zudem könnte Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit zu Partnergewalt Frauen darin bestärken, früher nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

Literatur: Brzank, P.; Maschewsky-Schneider, U.; Blättner, B. (2011): Partnergewalt gegen Frauen: Hilfesuchverhalten der Betroffenen. DGSMP-DGMS Bremen, 22.09.2011.

Schröttle, M.; Müller, U. (2004): Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland.