Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A154
DOI: 10.1055/s-0032-1323317

Variation und Validität der Empfehlungen zum Darmkrebs-Screening

D Ittner 1, F Porzsolt 1
  • 1Universität Ulm, Ulm

Präventionsprogramme sind zu empfehlen, wenn sie auch leisten, was sie zu leisten versprechen. Wir haben die Variation und Validität der Empfehlungen zum Darmkrebs-Screening von 9 nationalen und internationalen Organisationen geprüft. Es wurden Angaben zum Screening-Alter, zum chemischen Stuhltest (gFOBT), zum immunonologischen Stuhltest (FIT), zum DNA-Stuhltest, zur Sigmoidoskopie, zur Koloskopie, zur Doppelkontrastuntersuchung/Barium- Doppelkontrasteinlauf (DCBE) und zur virtuellen Koloskopie/CT-Kolonographie in 3 Schritten analysiert. (1) Erfassung aller Referenzen, welche eine Empfehlung stützen. (2) Wichtung der Referenzen nach Reduktion der Mortalität, Reduktion der Inzidenz und nach Sensitivtät/Spezifität. (3) Bewertung der Validität anhand von 9 Kriterien in Studien, die eine Reduktion der Mortalität untersuchen.Der ein- bis zweijährige biochemische Nachweis okkulten Bluts im Stuhl wird als einzige Screening-Methode von allen 9 Organisationen empfohlen. Die Koloskopie wird von 7 Organisationen im 10-Jahres-Intervall empfohlen. Von den 33 Studien, die zur Begründung des Screenings angeführt wurden, hatten 15 Studien andere Endpunkte als die Reduktion der Mortalität. 1 Studie war eine Metaanalyse. 13 der verbleibenden 17 Studien untersuchten den chemischen Stuhltest, 3 die Sigmoidoskopie und je 1 Studie den immunologischen Stuhltest oder die Koloskopie oder generell die Diagnostik des Darms. Im Durchschnitt wurden in den 17 Studien 2 von 9 Validitätskriterien vollständig, 5 teilweise und 2 nicht erfüllt. In 3 Studien war keines der 9 Validitätskriterien vollständig erfüllt. Die Empfehlungen zum Darmkrebs-Screening beruhen auf Daten geringer Validität, welche die erheblichen Unterschiede in den abgegebenen Empfehlungen erklären könnten. Aus moralischen, medizinischen und ökonomischen Gründen ist die Einführung unabhängiger Register zu diskutieren, mit welchen die Vor- und Nachteile der Dickdarm-Prävention unter Alltagsbedingungen quantifiziert werden können.

Literatur: Dissertationsarbeit Dagmar Ittner, Mai 2012, Universität Ulm: "Validität der Empfehlungen zur Prävention von Darmkrebs"