Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A191
DOI: 10.1055/s-0032-1323354

Gesundheitsbezogene Lebensqualität von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) – Erste Ergebnisse aus einer randomisierten kontrollierten Interventionsstudie

J Langbrandtner 1, A Hüppe 2, H Raspe 3
  • 1Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck
  • 2Institut für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck / UKSH, Lübeck
  • 3Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck

Hintergrund: Patienten mit Colitis ulcerosa (CU) oder Morbus Crohn (MC) erleben wie andere chronisch Kranke körperliche und psychosoziale Beeinträchtigungen. Ein fragebogengestütztes Assessment kann diese Problemvielfalt erfassen [1,2]. Ob sich durch Rückmeldung individualisierter, problemorientierter Versorgungsempfehlungen an Betroffene die gesundheitsbezogene Lebensqualität (gLQ) verbessert, wird aktuell in einer randomisierten, kontrollierten Interventionsstudie mit GKV-Versicherten geprüft. Präsentiert werden Ausgangslagendaten zum Randomisierungserfolg. Daten zur gLQ werden mit der gLQ der Bevölkerung und einer weiteren CED-Stichprobe verglichen. Methodik: Mittels Fragebogen wurden 22 somatische und psychosoziale Problemfelder (PF) sowie die gLQ (gemessen mit dem EQ–5D [3]) von CED-Patienten erfasst. Die Interventionsgruppe (IG) erhielt eine Rückmeldung zu ihrem persönlichen Problemprofil mit Versorgungsempfehlungen, die Kontrollgruppe (KG) usual care. Die Katamnese erfolgt nach 12 Monaten. Ergebnisse: 514 TK-Versicherte (♂ 45%, Ø 43 Jahre) nehmen teil. 50% haben MC, 79% sind erwerbstätig. IG und KG unterscheiden sich in keiner der Variablen der Ersterhebung. Mit zunehmender Anzahl psychoaktiver PF verschlechtert sich die Einschätzung des persönlichen Gesundheitszustandes (100stufige EQ-VAS-Skala: 0 PF=82; >5 PF=51). Der Vergleich mit der dt. Bevölkerung zeigt, dass CED-Kranke doppelt so häufig in mind. einer der EQ–5-Dimensionen von mäßigen/extremen Problemen betroffen sind (73% vs. 36%). Sie geben häufiger Probleme in den Dimensionen „Angst/Depression“ (36% vs. 4%), „allgemeine Tätigkeiten“ (31% vs. 10%) und „Schmerzen/Beschwerden“ (58% vs. 28%) an [4]. Dies bestätigten Beobachtungen unter Mitgliedern der Selbsthilfeorganisation DCCV [3]. Diskussion: Die Rekrutierung chronisch Kranker über Routinedaten der GKV ist machbar und eröffnet einen praktikablen Zugangsweg für die Durchführung von RCTs im Bereich der Versorgungsforschung.

Literatur: 1] Hardt J, Muche-Borowski C, Conrad, S, Balzer K, Bokemeyer B, Raspe H: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen als multifokale Erkrankungen: Körperliche und psychosoziale Probleme von Patienten mit CED. Ergebnisse eines Fragebogen- Surveys. Z f Gastroenterol 2010; 47:381-391

[2] Raspe H, Conrad S, Muche-Borowski C: Evidenzbasierte und interdisziplinär konsentierte Versorgungspfade für Patientinnen/Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Z Gastroenterol 2009; 47: 541-562

[3] Stark RG, Reitmeir P, Leidl R, König HH: Validity, reliability, and responsiveness of the EQ-5D in inflammatory bowel disease in Germany. Inflamm Bowel Dis 2010; 16: 42–51

[4] König HH, Bernert S, Angermeyer MC: Gesundheitszustand der deutschen Bevölkerung: Ergebnisse einer repräsentativen Befragung mit dem EuroQol Instrument. Gesundheitswesen 2005; 67(3):172-182