Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A220
DOI: 10.1055/s-0032-1323383

Moderne Telekommunikation bei kognitiv eingeschränkten Patienten in der gerontopsychiatrischen Regelversorgung – eine Machbarkeitsstudie

FG Metzger 1, R Niebler 2, GW Eschweiler 2
  • 1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Tübingen, Tübingen
  • 2Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen

Hintergrund: Die Telemedizin gewinnt in der Psychiatrie immer mehr an Bedeutung (Hilty et al 2002), jedoch hat diese Entwicklung die Gerontopsychiatrie noch nicht erreicht. Die Trennung von der gewohnten Umgebung und Familie bei stationären Einweisungen gerontopsychiatrischer Patienten wird als große Belastung erlebt, so dass sich durch die Kommunikation von Angehörigen und Patienten ein neues Feld für die Telemedizin ergibt. Die unterstützende Funktion von Angehörigen z.B. in der Delirtherapie (Rosenbloom-Brunton et al., 2010) ist bereits untersucht. Es gibt jedoch keine Studien zu stabilisierenden Effekte von Videotelefonie in der (geronto-)psychiatrischen Regelversorgung, Ziel dieser Untersuchung ist es, die Machbarkeit einer Implementierung von täglicher Videotelekommunikation von Angehörigen und Patienten auf einer gerontopsychiatrischen Station zu überprüfen. Methode: Patienten mit leichten kognitiven Störungen sollen für die Maximaldauer von 3 Wochen tägliche Videotelefoniekontakte zu ihren Angehörigen unterhalten. Vor der Maßnahme, währenddessen und nach Abschluss werden das kognitive Funktionsniveau und die Stimmung der Patienten beurteilt. Qualitative Aspekte dieser Machbarkeitsanalyse werden in wöchentlichen Interviews sowohl mit Patienten, Angehörigen und Stationsteam erhoben. Ergebnisse/Diskussion: Zum jetzigen Zeitpunkt konnten nur 3 von 17 gescreenten Personen eingeschlossen werden. Gründe für eine Ablehnung seitens der Patienten sind eine erwartete Überforderung, Misstrauen gegenüber Technik und Zweifel am Nutzen. Für die Bezugspersonen sind technische Probleme, mangelnde zeitliche Ressourcen sowie eine geringe Erwartung des Nutzens ausschlaggebend. Die Ablehnung der Studienteilnahme erfolgt eher von den Patienten als von den Angehörigen. Angehörige mit hoher Besuchsfrequenz lassen sich leichter rekrutieren, so dass der Personenkreis mit dem höheren potentiellen Nutzen tendenziell eher schwerer zu erreichen ist.

Literatur: Hilty, D. M., Luo, J. S., Morache, C., Marcelo, D. A. and Nesbitt, T. S. (2002). "Telepsychiatry: an overview for psychiatrists." CNS Drugs 16(8): 527-48.

Rosenbloom-Brunton, D. A., Henneman, E. A. and Inouye, S. K. (2010). "Feasibility of family participation in a delirium prevention program for hospitalized older adults." J Gerontol Nurs 36(9): 22-33; quiz 34-5.

Die Studie wird/wurde innerhalb des Nachwuchsprogramms des Netzwerks „Versorgungsforschung Baden-Württemberg“ durchgeführt, das vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren gefördert wird.