Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A340
DOI: 10.1055/s-0032-1323503

HIV/AIDS-Diagnosen und Verordnung von antiretroviraler Therapie in Deutschland – Häufigkeiten, Kosten und deren Bedeutung für die Kalkulation des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs

J Tomeczkowski 1, J Mahlich 1, M Stoll 2
  • 1Janssen-Cilag GmbH, Neuss
  • 2Medizinische Hochschule Hannover, Hannover

Zur Prävalenz der HIV-Infektion gibt es in Deutschland nur Schätzungen. Anhand von Krankenkassen- und Verordnungsdaten sollen die Anzahl der Personen mit und ohne HIV-Diagnose unter antiretroviraler Therapie (ART) ermittelt und Aussagen zur Verordnungsdauer gemacht werden. Ferner sollen mögliche Fehldiagnosen quantifiziert und die Konsequenzen für die Krankenkassen in Bezug auf den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) beurteilt werden. Es wurden verschiedene Datenbanken aus 2008, 2009 und 2010 von jeweils verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen ausgewertet und auf die Gesamtpopulation hochgerechnet. Zusätzlich wurden Verordnungen für ART aus einem Apothekenpanel der Firma IMS Health (LRx) für 26.815 Personen (54% aller GKV-Verordnungen) ausgewertet. Die Zahl der Personen mit HIV-Diagnose hat zwischen den Jahren 2008 bis 2010 um 36%–45% auf ungefähr 74.000 abgenommen. Die Therapiequote der diagnostizierten HIV-Patienten stieg von 22%–25% in 2008 auf 55%–57% in 2010 auf 41.500. Bei 3,1%–23% der Personen mit ART-Verordnungen war keine HIV-Diagnose nachweisbar. Die jährlichen Arzneimittelkosten einer ART lagen in den Verordnungsdaten bei kontinuierlichen Verordnungen über 4 Quartale bei € 16.892. Die Gesamtkosten für alle Arzneimittel von Patienten mit HIV-Infektionen betrugen in den Kassendaten € 39.616. HIV-Fehldiagnosen könnten bei bis zu 42.000 Personen zu Fehlallokationen an Krankenkassen über den Morbi-RSA geführt haben. In durchschnittlich 9% der Fälle erfolgt der Einsatz einer ART außerhalb der Zulassung. Nach Adjustierung der Häufigkeiten um Fehldiagnosen und ART-Verordnungen außerhalb der Zulassung liegt die HIV-Diagnosehäufigkeit im Jahr 2010 mit 74.000 Patienten über und die Therapiehäufigkeit bei gesicherter HIV-Diagnose mit durchschnittlich 56% unter den Angaben des Robert-Koch-Instituts. Bis zu 32.500 Patienten mit gesicherter HIV-Diagnose erhielten im Jahr 2010 keine ART obwohl sie Leistungen der GKV in Anspruch genommen haben.