PSYCH up2date 2013; 7(01): 33-48
DOI: 10.1055/s-0032-1327262
Persönlichkeitsstörungen, Impulskontrollstörungen und dissoziative Störungen

Das Depersonalisations-Derealisationssyndrom

Matthias Michal
Kernaussagen
  • Das Depersonalisations-Derealisationssyndrom (ICD-10: F48.1) ist mit einer Prävalenz von ca. 1 % in der Allgemeinbevölkerung nicht selten.

  • Es wird zu selten diagnostiziert mit negativen Konsequenzen für die Patienten (Fehldiagnosen, Fehlbehandlungen, mangelndes Verständnis für die Beschwerden und damit auch der zugrunde liegenden psychischen Probleme des Patienten).

  • Dauerhafte, über viele Monate anhaltende Depersonalisation-Derealisation lässt sich nicht auf eine Depression, Angststörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung oder andere Erkrankungen reduzieren und ist klar von einer Psychose (Schizophrenie oder depressive Episode mit psychotischen Symptomen) zu unterscheiden (erhaltene Realitätsprüfung, „Als-ob“-Gefühl).

  • Es gibt kein Medikament, das zur Behandlung des Depersonalisations-Derealisationssyndroms zugelassen ist. Antipsychotika verschlechtern meistens das Befinden der Patienten. Jeder medikamentöse Behandlungsversuch ist off-label. Die Definition von Zielsymptomen und das Überprüfen der Behandlungsziele sind deshalb zwingend geboten.

  • In der Patientenführung und Psychotherapie sollte die DP-DR berücksichtigt werden als Hauptleidensquelle des Patienten und als hochgradig relevanter Fokus für die psychotherapeutische Behandlung. Denn die „Flucht vor dem vollen Erleben der Wirklichkeit“ ist psychodynamisch als Widerstand und kognitiv-behavioral als umfassendes Vermeidungsverhalten zu begreifen. Ohne deren Bearbeitung sind therapeutische Fortschritte nicht möglich [57].

Ergänzendes Material



Publication History

Publication Date:
19 November 2012 (online)

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