Diabetes aktuell 2012; 10(5): 199
DOI: 10.1055/s-0032-1327459
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Schulungsprogramme – was ist, was nützt?

Antje Bergmann
,
Peter Schwarz
Further Information

Publication History

Publication Date:
03 September 2012 (online)

In dieser Ausgabe von Diabetes aktuell wollen wir Ihnen einen Überblick über Interventionsangebote in Deutschland in der Diabetesprävention und -therapie geben. Bei ihrer Recherche eines in Kooperation mit Lifescan und Janssen durchgeführten Projekts sind die Autorinnen standardisiert an die einzelnen Programme herangegangen und haben diese anschließend in einer strukturierten Matrix dargestellt. Während der Arbeit zeigte sich, dass in beiden Bereichen, besonders aber in der Prävention, eine Vielzahl von Programmen existiert und dabei schnell der Überblick verloren gehen kann.

Mit dieser Übersicht wollen wir Ihnen ein Handwerkszeug zur vergleichenden Darstellung und eventuell auch Bewertung von Programmen zur Diabetesschulung und Diabetesprävention geben. Im ersten Abschnitt geht es vor allem um Programme zur Prävention des Typ-2-Diabetes. In einem weiteren Teil werden sowohl Schulungsprogramme zum Typ-1- und Typ-2-Diabetes als auch Spezialprogramme, Internetangebote und ergänzende Interventionen darstellt. Zuletzt folgt eine allgemeine bewertende Schlussfolgerung zu den dargestellten Angeboten. Dabei werden Stärken und auch Grenzen aufgezeigt und u. a. auch Aspekte wie Selbstmanagement und soziale Unterstützung betrachtet. In der Quintessenz wird deutlich, dass es große Unterschiede hinsichtlich Aktualität, Evaluation und Umsetzung der Qualität gibt. Die Angebote im Präventionssektor scheinen dabei derzeit noch innovativer zu sein als jene im Diabetesbereich. Die beschriebenen Unterschiede der einzelnen Programme sind dabei kein Kritikpunkt, können hinsichtlich Individualität sogar positiv wirken, solange die Qualität stimmt.

Ziel sollte es sein, dass existierende Programme einem hohen qualitativen Standard folgen und wissenschaftliche Grundlagen zu erfolgreichen, verhaltensorientierten Interventionen umsetzen. Das ist vielleicht noch nicht bei allen Programmen der Fall, aber Deutschland steht hier im europäischen und internationalen Kontext sicherlich ausgesprochen gut dar.

Wir wissen heute mehr denn je, dass Maßnahmen zur Prävention des Typ-2-Diabetes erfolgreich sind, kosteneffektiv umgesetzt werden können. Immer mehr große Krankenkassen beschäftigen sich mit der Frage, ob nicht Präventionsmanagement integraler Bestandteil von modernen und innovativen Disease-Management-Konzepten werden kann. Weiter gehen die Überlegungen hin zur Entwicklung von Chronic-Care-Management-Programmen, die Prävention, Behandlung und Rehabilitation ineinander integrieren und Erkrankungsentitäten unabhängig entwickeln wollen.

Die Folgen der drastischen Entwicklung der Adipositas sind für Krankenkassen heute eine enorme finanzielle Belastung, die in den Finanzierungsstrukturen unseres Gesundheitssystems nicht adäquat abgebildet sind. Das scheint heute eine wachsende Motivation für Krankenkassen zu sein, sich auch qualitätsgesicherten und strukturierten Maßnahmen zur Prävention des Diabetes und anderer chronischer Erkrankungen zuzuwenden. Diese Chance sollten wir ergreifen und Vorschläge für konzeptionell gute, qualitätsgesicherten Aktionen unterbreiten.

Viele der benannten Programme können alternativ eingesetzt werden, aber auch in Abhängigkeit von Zielgruppe, Setting, eigenen Präferenzen und Praxisüberlegungen miteinander gemischt werden. Wichtig ist dabei immer, dass man die geeigneten Personen identifiziert, die für Interventionen infrage kommen und dann bei diesen Personen gezielt interveniert, bzw. für jede Risikoperson für jeden Patienten eine geeignete Intervention findet. Schaffen wir das und vor allem schaffen wir es gemeinsam, dann sehen wir eine ausgesprochen gute Chance im Hinblick auf die Verknüpfung von Prävention und Therapie des Diabetes mellitus in Deutschland.

Die erste Ausgabe von Diabetes aktuell in diesem Jahr beschäftigte sich mit einer Übersicht zu Diäten und Diätprogrammen in Deutschland. An einigen Punkten wurden einzelne Diätformen sehr kritisch bewertet, was die Fraktionen der Verfechter dieser Diäten zum Widerspruch anregte. Diese Gegendarstellung ist zusammen mit der Erwiderung der Autoren in diesem Heft abgedruckt. Wir legen Ihnen diese Diskussion sehr ans Herz, da wir damit dazu beitragen wollen, dass es einen wissenschaftlichen und medizinischen Diskurs über die Notwendigkeit und Praxistauglichkeit von Diäten gibt. Wir danken sowohl den Autoren der Gegendarstellung als auch den Autoren des Originalartikels ausdrücklich für ihre faire und konstruktive Darstellung und würden uns sehr freuen, weitere Leserbriefe zu diesem oder anderen Themen bei Diabetes aktuell abdrucken zu können.

Wir wünschen Ihnen nach der Sommerpause und Olympiade einen guten Start in den Herbst und verbleiben mit herzlichen Grüßen.

Ihre Antje Bergmann und Peter Schwarz