Dtsch Med Wochenschr 2013; 138(11): 517
DOI: 10.1055/s-0032-1333002
Editorial
Pneumologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pneumologie im Wandel: eine Standortbestimmung

Trends in pneumology: defining positions
U. Costabel
1   Abteilung Pneumologie-Allergologie, Ruhrlandklinik, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. März 2013 (online)

„Pneumologie im Wandel“ lautet das Motto des 54.  Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Hannover. Die raschen Fortschritte in Grundlagenforschung, diagnostischen Verfahren und Therapieoptionen in wichtigen Teilbereichen der Pneumologie machen eine aktuelle Standortbestimmung notwendig. Die Vielfältigkeit der Pneumologie spiegelt sich im Namen der wissenschaftlichen Sektionen der DGP wider, die neben der klinischen Pneumologie von der Allergologie und Immunologie über Endoskopie, Arbeitsmedizin, Epidemiologie, Umwelt- und Sozialmedizin zur Infektiologie und Tuberkulose, Intensiv- und Beatmungsmedizin, Schlafmedizin bis zur pneumologischen Onkologie und der Prävention und Rehabilitation reichen.

Dieses Schwerpunktheft bietet ein buntes Spektrum an Themen, die exemplarisch den Wandel in unserem Fachgebiet darstellen. Eine Originalarbeit berichtet über klinische Erfahrungen mit Pirfenidon in der Therapie der idiopathischen Lungenfibrose (IPF). Es handelt sich um das bislang einzige Medikament, das für die Behandlung der leichten bis mittelschweren IPF zugelassen ist. Da nun eine antifibrotische Therapie dieser chronisch-progredienten Krankheit mit schlechter Prognose verfügbar ist, muss in Zukunft die Diagnose früh gestellt werden, bevor die IPF so weit fortgeschritten ist, dass diese Therapie nicht mehr in Frage kommt. Der auskultatorisch einfach zu erhebende, sehr sensitive Untersuchungsbefund des dorsobasalen inspiratorischen Knisterrasselns sollte eine umgehende pneumologische Abklärung veranlassen, um in der weiteren Diagnostik durch Dünnschicht-Computertomographie die Diagnose zu erhärten.

In einer Kasuistik über zwei Patienten mit pulmonaler Hypertonie bei der pulmonalen Langerhanszell-Granulomatose, einer seltenen Erkrankung des jüngeren Zigarettenrauchers, wird eine erfolgreiche Therapie mit Sildenafil bzw. Iloprost beschrieben. Die beiden Fälle dokumentieren, dass im Einzelfall diese Form der pulmonalen Hypertonie, die in die Gruppe V der Dana-Point-Klassifikation eingeordnet wird, mit dafür nicht zugelassenen Medikamenten erfolgreich behandelt werden kann. Allerdings sollte die Evaluation in einem Lungenhochdruck-Zentrum erfolgen, da die zusätzlich vorhandenen venösen Gefäßveränderungen das Risiko einer pulmonalen Stauung nach Therapieeinleitung beinhalten.

Kontrovers wird aktuell noch diskutiert, ob die Therapie der Lungenembolie auch ambulant möglich ist. Erste Studien sprechen für die Möglichkeit einer ambulanten Therapie bei Patienten mit niedrigem Risiko. Die Vorteile sind offensichtlich, wie Vermeiden von Krankenhausaufenthalten, Verbesserung der Lebensqualität und Einsparen von Kosten. Weitere Studien werden das Risikoprofil optimieren und zeigen, welche Patienten mit akuter Lungenembolie ambulant behandelt werden sollten.

Die Hämoptoe kann als „Blutsturz“ im Sinne eines lebensbedrohlichen Notfalls verlaufen. Bei zentralen tumorbedingten Blutungen hat sich die bronchoskopische Argon-Plasma-Koagulation als effektivstes Verfahren etabliert. Eine periphere Blutungsquelle, die bronchoskopisch nicht direkt erreichbar ist, kann durch andere interventionelle Maßnahmen behandelt werden, z. B. durch einen bronchoskopisch eingebrachten Bronchusblocker, dessen mit Kontrastmittel gefüllter Ballon einen Segment- oder Lappenbronchus verschließen kann. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit, die Embolisation oder Okklusion von Bronchialarterien, kann durch den interventionellen Radiologen erfolgen.

Bei der granulomatösen Systemerkrankung Sarkoidose hat die durch endobronchialen Ultraschall gesteuerte transbronchiale Nadelaspiration zunehmend andere Verfahren zum Granulomnachweis ersetzt. Die noch vor 30 Jahren gängige Mediastinoskopie spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. In der Diagnostik der Herzsarkoidose hat sich die Kardio-MRT als sensitive Methode bewährt und andere Verfahren wie die Szintigraphie verdrängt.

Beim Analgetika-Asthma-Syndrom handelt es sich um eine relativ häufige Subgruppe des Intrinsic-Asthma. Verdächtige Hinweise sind eine nicht allergische chronische Rhinitis, Sinusitis oder Polyposis nasi, auch wenn über lange Zeit hinweg keine akuten Unverträglichkeitssymptome auf Acetylsalicylsäure (ASS) oder andere NSAID auftreten. Wichtig ist die Erkenntnis, dass eine adaptive Desaktivierung, die in der Klinik begonnen wird und zur Toleranz von täglich eingenommenen ASS führt, die Symptome deutlich bessern kann, wie Riechfähigkeit, nasale Atmung und Asthmabeschwerden. Dem Syndrom liegt eine genetisch bedingte Stoffwechselveränderung zugrunde, die zu einer vermehrten Produktion von Cysteinyl-Leukotrienen führt, was durch ASS gefördert wird.

Vielleicht finden Sie bei der Lektüre dieses Themenheftes Interesse daran, sich umfassender mit den aktuellen Themen der Pneumologie zu beschäftigen. Dann darf ich Sie herzlich nach Hannover einladen. Ich wünsche uns allen einen spannenden und lehrreichen Kongress mit fruchtbaren Diskussionen!