Endoskopie heute 2013; 26 - FV19
DOI: 10.1055/s-0033-1333963

Das Biliary Cast Syndrom nach Lebertransplantation: Diagnose, Risikofaktoren und Outcome

T Voigtländer 1, AA Negm 1, CP Strassburg 1, F Lehner 2, MP Manns 1, TO Lankisch 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Hannover, Germany
  • 2Medizinische Hochschule Hannover, Viszeral- und Transplantationsmedizin, Hannover, Germany

Einleitung: Biliäre Komplikationen nach Lebertransplantation sind häufig und mit einem Verlust der Transplantatleber sowie erhöhten Mortalität assoziiert. Endoskopische Interventionen tragen entscheidend zur Therapie bei. Das Biliary Cast Syndrom (BCS) ist eine seltene, jedoch potentiell schwere Komplikation nach Transplantation. Es ist gekennzeichnet durch das Vorhandensein von lithogenem Material innerhalb des Gallenwegssystems, welches über eine obstruktive Cholangitis zu progredientem Leberschaden bis hin zum Tod führen kann. Die primäre Therapie erfolgt endoskopisch und besteht in der Reinigung des Gallenwegssystems zur Verbesserung des biliären Abflusses. Ziel unserer Untersuchung war die Identifikation möglicher Risikofaktoren für die Entwicklung eines BCS sowie die Evaluation der Prognose von BCS Patienten.

Methoden: Im Rahmen einer retrospektiven Datenrecherche wurden lebertransplantierte Patienten mit BCS im Zeitraum zwischen 2003 und 2011 identifiziert. Die Diagnose wurde durch die endoskopisch retrograde Cholangiografie (ERC) gestellt. Indexpatienten wurden im Verhältnis 2/1 mit einer Kontrollgruppe verglichen.

Ergebnisse: Dreißig Patienten mit BCS nach Lebertransplantation wurden identifiziert (2,9% (30/1019)). Hauptindikationen für die Transplantation waren das hepatozelluläre Karzinom (27%), virale Hepatitiden (17%), alkoholische Lebererkrankung (10%) und andere (46%). Die mediane Zeit bis zur BCS Diagnose nach Transplantation betrug 255 Tage (Interquartilbereich (IQR) 107 – 621 Tage). Suggestive Ultraschallbefunde waren bei 63% der Patienten vorhanden. Die postoperative intensivmedizinische Behandlung war bei BCS Patienten signifikant länger (16 (IQR 8 – 42) vs. 9 (IQR 7 – 17) Tage; p = 0,039). Die Gabe verschiedener Immunsuppressiva, die Operationszeit, die kalte und warme Ischämiezeit, die Organgröße, Episoden einer akuten Abstoßung und Cytomegalie Virus Infektionen unterschieden sich nicht signifikant. In einer multivariaten Analyse ergab sich, dass Arteria hepatica Stenosen (p = 0,04), biliäre Strikturen (p = 0,032) und die Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie (p = 0,002) unabhängig mit der Entwicklung eines BCS assoziiert waren. BCS Patienten benötigten signifikant mehr ERC Prozeduren (7 (IQR 4 – 12) vs. 0 (IQR 0 – 3); p = 0,000). Die Retransplantationsrate und die 12-Monate-Mortalität unterschieden sich signifikant (9/30 (30%) vs. 4/60 (6,7%); p = 0,003).

Schlussfolgerung: Das BCS ist eine seltene, jedoch klinisch relevante Komplikation nach Transplantation. Patienten mit Risikofaktoren wie Arteria hepatica Stenosen, biliären Strikturen und Nierenersatztherapie sind besonders gefährdet ein BCS zu entwickeln. Diese Patienten sollten folglich engmaschig überwacht und bei Auffälligkeiten frühzeitig endoskopisch behandelt werden.