Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0033-1337553
Traum oder Realität – Die Prävalenz von Infektionskrankheiten in Haft
Justizvollzugsanstalten als große Gemeinschaftseinrichtungen gelten als Brutstätte von Infektionskrankheiten. Sie stehen unter der hygienischen Überwachung der Gesundheitsämter. Es gilt die Vermutung mit Fakten zu unterlegen, aber auch die Möglichkeiten der Haftanstalten aufzuzeigen.
Über Blut- und Sexualkontakt übertragbare virale Infektionskrankheiten stellen die zahlenmäßig bedeutendsten Infektionskrankheiten in den Justizvollzugsanstalten dar, überwiegend assoziiert mit i.v. Drogenabhängigkeit. Die chronische Hepatitis-C (HCV) Infektion weist die höchste Prävalenz auf, gefolgt von der chronischen Hepatitis-B und der HIV-Infektion. Die HIV Prävalenz liegt in den Berliner Justizvollzugsanstalten bei etwa 1,2%.
Die Anzahl von Tuberkulosefällen in Haftanstalten ist weiterhin gering. In den Justizvollzugsanstalten in Berlin mit 4300 Gefangenen werden ca. 15 Tuberkulosefälle pro Jahr behandelt. Die aktive Fallfindung nach §36(4) IfSG für alle Gefangenen erlaubt die Diagnosestellung bei 85% der Fälle bereits im asymptomatischen Zustand durch Röntgen bei Haftantritt. Die Einzelfälle der Multiresistenten MDR-TBC finden sich vor Allem bei Gefangenen, die aus Osteuropa und aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion stammen.
Sexuell übertragbare Infektionen wie Lues, Gonorrhoe und Chlamydia trachomatis-Infektionen sowie Condylome durch HPV-Infektion sind deutlich unterdiagnostiziert in Gefangenenpopulationen. Die vorhandenen Untersuchungen zeigen hohe Prävalenzen der STI bei Inhaftierten.
Die Erkennung der Infektionskrankheiten in JVA sollte intensiviert werden unter der besonderen Berücksichtigung der sexuell übertragbaren Infektionen, um adäquate Therapiemaßnahmen einleiten zu können.
Nur auf Grundlage derartiger Zahlen lässt sich eine Risikostatifiezierung für Haftaufenthalt, Ressourcenplanung und Präventionstrategien vornehmen. Substitution von Opiatabhängigen und Impfungen sind für den Vollzug anerkannte und wirksame Präventionsverfahren.