Suchttherapie 2013; 14 - S_18_1
DOI: 10.1055/s-0033-1351472

Wie wirken Tabakwerbung und Warnhinweise auf Zigaretten? Implikationen aus Studien zur selektiven Aufmerksamkeit und reizinduzierten Hirnaktivierung

S Vollstädt-Klein 1, S Löber 2, M Smolka 3, F Kiefer 4
  • 1Zentralinstitut für Seelische Gesundheit/Suchtklinik, Mannheim
  • 2Heidelberg
  • 3Dresden
  • 4Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Einleitung: Nach der „Incentive-Sensitization“-Theorie (Robinson et al., 1993) werden konditionierte substanzassoziierte Stimuli als besonders attraktiv hervorgehoben und verändert wahrgenommen (Anreizhervorhebung, „incentive salience“). Es entwickelt sich eine Aufmerksamkeitsverschiebung hin zu diesen Stimuli (Franken, 2003), die mit dem subjektivem Verlangen nach einer Substanz zusammenzuhängen scheint (Ryan, 2002; McCusker, 2001; Sayette et al., 2000). Dies könnte der Grund sein, warum einem Rückfall häufig eine Konfrontation mit substanzassoziierten Reizen vorausgeht. In den vorliegenden Studien untersuchten wir die selektive Aufmerksamkeit auf Tabakreize sowie die neuronalen Grundlagen der Reiz-Reaktivität mit verschiedenen Methoden.

Methode: Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRI) untersuchten wir bei 22 abhängigen Rauchern und in 21 Nie-Rauchern die neuronale Verarbeitung von Tabakwerbung und deren Zusammenhang mit Schwere der Abhängigkeit, Tabakverlangen und Wiedererkennungsleistung zuvor gesehener Werbung. In zwei weiteren Studien untersuchten wir mit einer Dotprobe-Aufgabe die Aufmerksamkeitsverschiebung auf Tabakreize (bei 51 Rauchern und 41 Nicht-Rauchern) und auf Warnhinweise auf Zigarettenschachteln (bei 59 Rauchern und 55 Nicht-Rauchern) sowie deren Zusammenhang mit Schwere der Abhängigkeit und Tabakverlangen.

Diskussion/Ergebnisse: Eine reizinduzierte mesolimbische fMRT-Aktivierung auf Tabakwerbung und ein Anstieg des Tabakverlangens zeigte sich hauptsächlich bei schwach abhängigen Rauchern. Außerdem war die Wiedererkennungsrate zuvor gesehener Werbung mit der Hirnaktivierung assoziiert. Wir konnten einen Zusammenhang zwischen selektiver Aufmerksamkeit und Tabakverlangen finden. Des Weiteren wendeten schwach abhängige Raucher ihre Aufmerksamkeit von Zigarettenschachteln mit bildgestützten Warnhinweisen („Ekelbilder“) weg. In stark Abhängigen fand sich bei Zuwendung zu bildgestützten Warnhinweisen eine erhöhte Ängstlichkeit.

Schlussfolgerung: Tabakwerbung scheint besonders ansprechend für schwach Abhängige zu sein und könnte diese Subgruppe daher zu mehr Konsum verleiten. Ebendiese Gruppe scheint sich durch bildgestützte Warnhinweise abschrecken zu lassen. Ein gänzliches Tabakwerbeverbot sowie die Einführung von bildgestützten Warnhinweisen auf Zigaretten könnten sich daher als wirksame Präventionsmaßnahmen erweisen.