Suchttherapie 2013; 14 - S_24_2
DOI: 10.1055/s-0033-1351496

Mit dem Joystick gegen das Suchtgedächtnis: Vermeidungs-Training versus Aufmerksamkeits-Training

J Lindenmeyer 1, M Rinck 2, E Becker 2, R Wiers 3
  • 1salus klinik Lindow
  • 2Radboud University Nijmegen
  • 3University of Amsterdam

Einleitung: In drei randomisiert-kontrollierten Studien der Autoren mit hohen Fallzahlen konnte nachgewiesen werden, dass die Rückfallrate bei Alkoholabhängigen durch ein PC-gestütztes Alkohol-Vermeidungstraining langfristig signifikant gesenkt werden kann (Wiers et al., 2011). In Studien von anderen Arbeitsgruppen wurde gezeigt, dass auch ein Aufmerksamkeits-Training positive Effekte auf das Trinkverhalten haben kann. Deshalb wurde hier untersucht, ob eine Kombination beider Trainings noch bessere Effekte erzielt als einzelne Trainings.

Methode: 885 Alkoholabhängige in einer 3-monatigen, stationären Entwöhnungsbehandlung (salus klinik Lindow), 73,5% Männer und 26,5% Frauen, mittleres Alter 45,6 Jahre, mittlere Dauer der Abhängigkeit: 13,3 Jahre. Die Probanden wurden zufällig auf eine der folgenden 5 Gruppen verteilt: 6 Sitzungen Vermeidungs-Training, 6 Sitzungen Aufmerksamkeits-Training, 3+3 Sitzungen kombiniertes Training, Kontrollgruppe mit Placebo-Training, oder Kontrollgruppe ohne Training verteilt. Alle Trainings umfassten 6 Sitzungen à 15 Minuten mit jeweils 220 Trainingsdurchgängen. Beim Vermeidungs-Traiming hatten die Probanden die Aufgabe, Bilder von alkoholischen Getränken auf dem Bildschirm mithilfe eines Joysticks wegzudrücken (Vermeidung) und nicht-alkoholische Getränke heranzuziehen (Annäherung). Beim Aufmerksamkeits-Training wurden Bildpaare (immer ein alkoholisches und ein nicht-alkoholisches Getränk) dargeboten, und die Probanden wurden systematisch trainiert, ihre Aufmerksamkeit auf das nicht-alkoholische Getränk zu richten. Zur Ermittlung der langfristigen Trainingseffekte wurde bei allen Patienten eine 1-Jahres Katamnese entsprechend Standard-IV der DG-Sucht durchgeführt.

Diskussion/Ergebnisse: Die Analysen der 1-Jahres-Katamnesen ergaben bei allen drei aktiven Trainings signifikant (p = 0,01)höhere Erfolgsraten zwischen 50,7% und 53,6% im Vergleich zu den Placebo-Trainings 42,1%, und bei der untrainierten Gruppe 44,8%. Zwischen den drei Trainingsvarianten waren keine signifikanten Unterschiede erkennbar (p = 0,85).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl das Alkohol-Vermeidungstraining als auch das Aufmerksamkeits-Training und die Kombination beider Trainings langfristig effektiver waren als die Kontrollgruppen. Es zeigten sich keine signifikanten Effektivitätsunterschiede zwischen den drei Trainingsvarianten. Bis zum Kongress werden die Katamnesedaten von insgesamt 1.400 Probanden der derzeit noch fortlaufenden Studie vorliegen.

Firmenbeziehungen: Johannes Lindenmeyer ist Geschäftführer einer stationären Entwöhnungseinrichtung. Er hält Anteile an einer stationären Entwöhnungseinrichtung und einem Ausbildungsinstitut für Verhaltenstherapie