Suchttherapie 2013; 14 - S_33_4
DOI: 10.1055/s-0033-1351536

Pharmakologisches Neuroenhancement unter Studierenden und Chirurgen

A Franke 1
  • 1Universitätsmedizin Mainz

Einleitung: Unter pharmakologischem Neuroenhancement (PN) versteht man die Einnahme diverser psychoaktiver Substanzen (z.B. koffeinhaltige Getränke, Ginkgo biloba, etc.) mit dem Ziel der Verbesserung der eigenen kognitiven Leistungsfähigkeit (z.B. bzgl. Vigilanz, Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis) und Stimmung bei Gesunden ohne bestehende medizinische Notwendigkeit. Hirndoping bezeichnet den Missbrauch einer Subkategorie von Substanzen wie verschreibungspflichtigen Medikamenten (z.B. Methylphenidat, Antidementiva, Antidepressiva) und illegalen Drogen (z.B. illegale Amphetamine) zu diesem Zweck.

Methode: Schüler und Studierende wurden zu ihrem Kenntnisstand und Einnahmeverhalten bezüglich Substanzen zum PN befragt. Dazu wurde ein strukturierter Paper-and-Pencil-Fragebogen entworfen und von 500 Studierenden sowie 1.000 Schülern ausgefüllt. Es wurde auf den anonymen Fragebögen zusätzlich eine Fragetechnik angewendet (Randomized-Response-Technique, RRT), die den Antwortenden erkennbar eine völlige Anonymität zusichert.

Diskussion/Ergebnisse: Es zeigte sich, dass Kenntnisstand über die Möglichkeit des PN sehr ausgeprägt war (81%). Dabei wussten 40% über die Nutzung von verschreibungspflichtigen Stimulanten, 58% über die Nutzung von illegalen Stimulantien und zwischen 70 – 80% über die Nutzung von Koffein. Die Lebenszeitprävalenz der mindestens einmaligen Einnahme von verschreibungspflichtigen Stimulantien betrug 1,3%, die von illegalen Stimlantien 2,6%. 53,2% hatten bereits Kaffee, 39% Energy Drinks und 10,5% Koffeintabletten gezielt zum PN eingenommen. Andere potentielle PN-Substanzen spielten eine untergeordnete Rolle. Als prädiktive Faktoren zeigten sich männliches Geschlecht, schlechte schulische Leistungen und genereller Substanzmissbrauch (v.a. Alkohol, Cannabis). Unter Nutzung der RRT zeigte sich eine Ein-Jahres-Prävalenzrate von 20% für die Einnahme von Substanzen zum Hirndoping, die nicht frei verkäuflich sind und nicht ärztlich verordnet wurden. Als prädiktive Faktoren zeigten sich hier Geschlecht (männlich), Fakultätszugehörigkeit (Sportwissenschaften) und eine niedrige Anzahl von bislang studierten Semestern (1. Semester).

Schlussfolgerung: Der Kenntnisstand von PN unter Schülern und Studierenden ist genau wie die Verbreitung der Einnahme von frei verkäuflichen Substanzen hoch. Die Einnahmeprävalenz von verschreibungspflichtigen Medikamenten und illegalen Drogen liegt deutlich darunter. Allerdings hat Hirndoping offenbar einen hohen Stigmatisierungsgrad, der eine hohe Dunkelziffer der Hirndopingprävalenz bedingt.