Suchttherapie 2013; 14 - S_38_4
DOI: 10.1055/s-0033-1351551

Auf der Suche nach störungsspezifischen Risikomerkmalen: Implizite und explizite Persönlichkeits-Traits bei pathologischem Glücksspiel

KW Müller 1, K Wölfling 1, ME Beutel 1, M Strie 1
  • 1Universitätsmedizin Mainz

Einleitung: Epidemiologische Studien weisen aus, dass Pathologisches Glücksspiel eine verbreitete substanzungebundene Abhängigkeitserkrankung darstellt. Gleichzeitig erweist sich, dass das Störungsbild durch eine deutliche Heterogenität der Betroffenen gekennzeichnet ist. Zwar stellt die suchtartige Nutzung von Geldspielautomaten die verbreitetste Variante dar, jedoch ist auch die unkontrollierte Nutzung von Sportwetten und internetbasierten Glücksspielen nicht selten. Trotz der Heterogenität des Störungsbildes existieren derzeit kaum trennscharfe Untersuchungen, die störungsspezifische prämorbide Faktoren (z.B. Persönlichkeitsmerkmale) in ihrer Ausprägung im Zusammenhang mit der Nutzung verschiedener Glücksspielformen untersuchen. Gerade vor dem Hintergrund einer individualisierten Therapie und der Implementierung von Präventionsprogrammen wären hier Kenntnisse dringend notwendig.

Methode: Um die Persönlichkeitsstruktur von Pathologischen Glücksspielern verschiedener Glücksspielformen (Geldspielautomaten, Sportwetten, internetbasierte Glücksspiele) zu untersuchen, wurde dem Patientenklientel einer spezialisierten Ambulanz (N = 250) der NEO-FFI vorgelegt. Ihre Profile wurden mit N = 100 gesunden Kontrollen verglichen. In einer zweiten Studie wurde mit dem Implicit Associations Test (IAT), zusätzlich ein reaktionszeitbasiertes Computerverfahren, welches implizite Persönlichkeitsmerkmale misst, eingesetzt und von N = 50 Patenten mit pathologischem Glücksspiel und 50 gesunden Kontrollen bearbeitet.

Diskussion/Ergebnisse: Pathologische Glücksspieler weisen signifikant höhere Werte in Neurotizismus auf. Weiter zeigen sie eine verminderte Offenheit und Verträglichkeit. Im IAT ergibt sich zudem der Befund einer verminderten Gewissenhaftigkeit. Automatenspieler weisen im Vergleich zu anderen Glücksspielpatienten verminderte Werte in Verträglichkeit auf.

Schlussfolgerung: Die Analysen zeigen, dass sich Pathologische Glücksspieler durch verminderte Offenheit, Verträglichkeit und erhöhten Neurotizismus von gesunden Kontrollen abzeichnen. Im therapeutischen Setting erscheint die Fokussierung auf den Aufbau alternativer Aktivitäten, soziale Kompetenztrainings bzw. Antiaggressionsprogramme und Stressbewältigungstrainings demnach angebracht. Auch innerhalb der Glücksspielgruppen scheinen weitere Differenzierungen auf Persönlichkeitsebene möglich zu sein. Eine verminderte Verträglichkeit bei Automatenspielern deutet auf spezifischen Interventionsbedarf hin.