Suchttherapie 2013; 14 - S_42_2
DOI: 10.1055/s-0033-1351564

Integrierte Versorgung von Abhängigkeitserkrankungen – Ergebnisse einer sektorübergreifenden qualifizierten ambulanten Entzugsbehandlung

D Steffen 1
  • 1Ianua G. P. S. mbH, Saarlouis

Einleitung: Abhängigkeitserkrankungen stellen ein gesundheitliches und ökonomisches Problem dar. Sie werden in der Regel zu spät und nur unzureichend diagnostiziert sowie einer adäquaten Behandlung zugeführt. Zwar konsultieren 80% der Alkoholiker innerhalb eines Jahres mindestens einmal ihren Hausarzt, aber nur 3% der Alkoholiker sind in einer psychiatrischen Klinik, 7% in einer Suchtberatungsstelle und 1,7% in einer Suchtrehabilitationsmaßnahme zu finden. Integrierte Versorgungskonzepte (IV) können das kassenärztliche Versorgungssystem mit den Rehabilitationseinrichtungen, den Beratungsstellen, den Krankenhäusern und dem Casemanagementsystem der Krankenkassen verbinden, um eine schnelle Abklärung, Diagnostik, Behandlungseinleitung mit Entzugsbehandlung und die Vermittlung in eine Suchtrehabilitationsmaßnahme sicherzustellen.

Methode: In dieser prospektiven Beobachtungsstudie Abhängigkeitskranker (n = 293) wird unser Konzept der Integrierten Versorgung evaluiert. Über ein 2-Jahres-Follow-Up werden Abstinenz, Weitervermittlung und Antritt einer Suchtrehabilitationsmaßnahmeuntersucht.

Diskussion/Ergebnisse: Es zeigte sich bezüglich Alter (41,2 ± 13 Jahre), Abhängigkeitsdauer (13,3 ± 9,8 Jahre), Arbeitslosenanteil (36,9%) und Beziehungsstatus (feste Partnerbeziehung 50,3%) ein typisches Klientel. Die Diagnosenverteilung zeigte „nur“ 52,6% Alkoholabhängige und 27,3% Polytoxikomane. Der Belastungsindex, ein Maß für die Schwere der Abhängigkeit, unterstellt mit einem Mittelwert von 4,53 ± 2,1 eine eher ungünstige Prognose. Die IV konnte die Abstinenz herstellen und Entzugssymptome signifikant reduzieren. Es konnte über alle Diagnosen hinweg eine Vermittlungsquote in eine Suchtrehabilitationsbehandlung von 52,9% erreicht werden (Antrittsquote 98%). Die Abstinenzquoten liegen drei Monate nach Behandlungsende bei 59,4% und 12 Monate danach bei 50,2% (n = 293). Im 2-Jahres-Follow-Up konnten bislang 238 Patienten beobachtet/erreicht? Werden; die Abstinenzquote liegt bei 39,1%. Alkoholabhängige zeigten dabei den höchsten Vermittlungsanteil mit 63,6% sowie einer Abstinenzquote von 72,1% (drei Monate) bzw. 61% (12 Monate).

Schlussfolgerung: Das Konzept der IV mit qualifizierter ambulanter Entzugsbehandlung ist effektiv bzgl. des körperlichen Entzugs, der diagnostischen Abklärung und differentialindikativen Rehabilitationsentscheidung. Die Behandlung bis zum Rehabilitationsbeginn, der qualitativ hochwertige Behandlunsgprozess führen zu einer hohen Vermittlungsquote in eine Suchtrehabilitationsmaßnahme. Es zeigen sich hohe Abstinenzraten in den Nachuntersuchungen mit einem weitestgehend stabilen Effekt. Eine hohe Effektivität und Effizienz durch die niedrigen ambulanten Behandlungskosten ist das Ergebnis. Limitationen der Studie, etwa eine fehlende Vergleichsgruppe und eine eingeschränkte Vergleichbarkeit mit anderen Studien gleicher Fragestellung, schränken die Aussagekraft jedoch ein.

Firmenbeziehungen: Die Studie wurde finanziell gefördert durch die DAK Gesundheit und die AOK für das Saarland.