Suchttherapie 2013; 14 - S_44_4
DOI: 10.1055/s-0033-1351574

Rauschtrinken unter Jugendlichen: Steigende Einlieferungszahlen – steigender Konsum? Überlegungen zu alternativen Indikatoren

I Dirnberger 1, M Wurdak 1, K Ihle 1, M Stürmer 2, UC Fischer 1, T Funk 1, L Kraus 3, J Wolstein 1
  • 1Universität Bamberg
  • 2BAS München
  • 3IFT München, SoRAD Stockholm University

Einleitung: Die Zahl der Krankenhausbehandlungen alkoholintoxikierter Jugendlicher ist in den letzten Jahren stetig gestiegen (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2013). Ergebnisse aus Repräsentativbefragungen verweisen jedoch auf einen Rückgang verschiedener Konsumvariablen im Jugendalter (BzgA, 2012). Im Rahmen der Studie wurden alternative Indikatoren für riskantes Trinkverhalten neben dem Anstieg der Krankenhausbehandlungen überprüft.

Methode: Zwei Sekundäranalysen untersuchten den Zusammenhang von Krankenhausbehandlungen alkoholintoxikierter Jugendlicher mit Straftaten und Unfällen unter Alkoholeinfluss sowie die Entwicklung der durchschnittlichen Blutalkoholkonzentrationen von in Bayern eingelieferten Jugendlichen (n = 1020). Eine Feldstudie erfasste den Sensibilisierungsgrad der Bevölkerung (n = 285).

Diskussion/Ergebnisse: Es zeigte sich ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl der Krankenhausbehandlungen und der Straftaten unter Alkoholeinfluss. Die Zahl der Unfälle entwickelte sich davon unabhängig. Höhere Behandlungszahlen gingen mit der Tendenz in der Bevölkerung einher, in Notfallsituationen verstärkt den Rettungsdienst anzufordern. Die durchschnittlichen Blutalkoholkonzentrationen stationär behandelter Jugendlicher verzeichneten ein stetiges Absinken.

Schlussfolgerung: Die Entwicklung der Straftaten unter Alkoholeinfluss unterstützt, wie die Anzahl der Krankenhausbehandlungen, die Annahme eines Anstiegs des Risikokonsums. Der Zusammenhang der Behandlungszahlen mit einer verstärkten Sensibilisierung der Bevölkerung und das Absinken der durchschnittlichen Blutalkoholkonzentrationen unterstreichen die Aussagen der Repräsentativerhebungen (Rückgang des Konsums). Ein komplexes Phänomen wie das Rauschtrinken im Jugendalter und die Wirksamkeit verschiedener Präventionsmaßnahmen sollten demnach multifaktoriell beurteilt werden. Die hohen absoluten Häufigkeiten der Alkoholintoxikationen, Straftaten und Unfälle unter Alkoholeinfluss und das von den Jugendlichen berichtete Konsumverhalten betonen die Notwendigkeit von zielgruppenspezifischen Präventions- und Interventionsangeboten. Literatur: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2012). Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland – Teilband Alkohol. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Statistisches Bundesamt Deutschland (2013). Diagnose Alkoholmissbrauch: 2011 wieder mehr Kinder und Jugendliche stationär behandelt. Pressemitteilung Nr. 44.