Suchttherapie 2013; 14 - S_50_1
DOI: 10.1055/s-0033-1351595

Problematische Nutzung von Online-Sexangeboten – Ergebnisse einer repräsentativen Studie

S Giralt 1, K Wölfling 1, L Spangenberg 2, Y Stöbel-Richter 2, M Beutel 1, E Brähler 2
  • 1Ambulanz für Spielsucht, Psychosomatik Mainz, Universitätsmedizin Mainz
  • 2Universitätsmedizin Leipzig, Mainz

Einleitung: Online-Sexangebote sind aufgrund der Verbreitung des Internets zu jeder Zeit und an nahezu jedem Ort abrufbar. Die Nutzung von Online-Sexangeboten kann nach aktueller Studienlage bei 3% bis 6% der Bevölkerung ein problematisches bzw. süchtiges Ausmaß annehmen. Betroffen sind dabei vor allem Männer. Verlässliche Prävalenzzahlen fehlen ebenso wie deutschsprachige Instrumente, die eine Einschätzung des Konsums möglich machen. Der suchtartige Konsum von Onlinesexangeboten schließt verschiedene Bereiche wie Pornografie, Erotikchats und Partnersuche ein. Auch an den zunehmenden Fallzahlen behandlungssuchender Patienten der Ambulanz für Spielsucht der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz wird deutlich, dass es sich um ein psychopathologisch relevantes Phänomen handelt.

Methode: Die Online-Sexnutzung wurde auf Basis einer repräsentativen Befragung von 2.500 Personen im Alter zwischen 14 und 75 Jahren ermittelt. Die Untersuchung wurde mithilfe einer Paper-und-Pencil-Kurzversion des Internet Sex Screening Test (ISST, Delmonico, 1997, dt. Übersetzung Giralt, Beutel & Wölfling: ISSTG) durchgeführt.

Diskussion/Ergebnisse: Die Berechnungen führen zu dem Ergebnis, dass 4,2% der deutschen Bevölkerung unter einem problematischen Konsum von Online-Sexangeboten leidet. Es handelt sich überwiegend um Männer (7,6% vs. 1,2%). Die Mehrzahl der Betroffenen befindet sich nicht in einer Partnerschaft (6,1% vs. 2,9%). Das Durchschnittsalter beträgt 37J. Die Betrachtung der Altersgruppen erbrachte, dass Online-Sexangebote vor allem von Minderjährigen (14 – 17J.; 28,6% vs. 18,7% über 18J.) genutzt werden. 40,4% der problematischen Online-Sexnutzer sind zwischen 18 und 34J. alt.

Schlussfolgerung: Das Krankheitsbild Online-Sexsucht weist deutliche Überlappungen zu den substanzungebundenen Süchten auf: Betroffene weisen u.a. Entzugserscheinungen sowie Toleranzentwicklung auf und das Online-Sexualverhalten dient zur Regulation aversiver Emotionen. Die Forschung sollte die Prävalenz der Online-Sexsucht und deren diagnostische Zuordnung stärker fokussieren. Im Vortrag wird das klinische Bild der Onlinesexsucht anhand von Fallbeispielen beschrieben, die das Phänomen als Suchterkrankung nahebringen. Im Vordergrund stehen die Ergebnisse der Befragung und die Vorstellung des ISSTG als Screening-Instrument zur Einschätzung von problematischem Online-Sexverhalten.