Suchttherapie 2013; 14 - S_52_2
DOI: 10.1055/s-0033-1351604

Self-affirmation: Eine Kurzintervention zur Steigerung der Selbstkontrolle

M Lucht 1, J Dewitz 1, S Freitag 2, F Michels-Lucht 1, HJ Freyberger 1, M Lotze 3
  • 1Klinik für Psychiatrie HELIOS, Universität Greifswald, Stralsund
  • 2Lehrstuhl Gesundheit und Prävention, Universität Greifswald
  • 3Funktionelle Bildgebung, Universität Greifswald

Einleitung: Zahlreiche Befunde weisen darauf hin, dass die Therapie von Abhängigkeitserkrankungen und die Veränderung von Gesundheitsverhalten ähnliche Grundlagen teilen. Aufforderungen zur Veränderung von Gesundheitsverhalten werden häufig als Ich-Bedrohung angesehen. Es konnte gezeigt werden, dass kurze Selbstbestätigungs-Interventionen (self-affirmation) abwehrende Kognitionen über gesundheitsbezogenen Gesundheitsinformationen vermindern sowie die Selbstkontrolle erhöhen. Hierzu werden Probanden angeregt, über wichtige persönliche Eigenschaften schriftlich zu reflektieren (z.B. „als ich jemandem geholfen habe“). In der hier beschriebenen Studie soll der Einfluss von Selbstbestätigung auf den Konsum von Obst und Gemüse über 8 Tage und auf ein Selbst-Kontrollparadigma überprüft werden.

Methode: 80 Studentinnen wurden doppelblind in eine Selbstbestätigungs- oder eine Kontrollgruppe randomisiert. In der Selbstbestätigungsvariante schrieben die Probandinnen einen Text von 1 – 2 Seiten, in dem die Bedeutung positiver Eigenschaften für ihr eigenes Leben behandelt wird. Analog wurde die Kontrollgruppe gebeten, bestimmte persönliche Eigenschaften in ihrer Bedeutung für eine andere Person zu beantworten. Die Texte wurden mit der Linguistic Inquiry and Word Count (LIWC) software untersucht. Vor der Intervention wurde mit einem Food-choice-Paradigma die Selbstkontrolle untersucht: hierzu hatten die Probandinnen die Wahl zwischen z.B. weniger gut schmeckenden aber gesunden Lebensmittels oder gut schmeckenden, ungesunden auf Farbfotos zu treffen. Nach 8 Tagen wurde der Obst- und Gemüsekonsum anhand eines validierten Tagebuchs überprüft, ebenso Veränderungen der Selbstkontrolle.

Diskussion/Ergebnisse: Probandinnen der self-affirmation-Gruppe mit einer Wörterzahl von mindestens 170 berichteten den Konsum einer täglichen Menge an Obst und Gemüse von 5,71 Portionen, wohingegen die Mitglieder der Kontrollgruppe nur 3,93 Portionen konsumiert haben (repeated-measures MANOVA: affirmation n = 17; controls n = 6; affirmation: F = 7,029; df = 1; p = 0,015; ηp2 = 0,260; Menge Obst und Gemüse baseline: F = 0,044; df = 1; p = 0,837; ηp2 = 0,002). Außerdem zeigte die self-affirmation-Gruppe eine Erhöhung der Selbstkontrolle (kleine Effekte).

Schlussfolgerung: Wir konnten hier vergleichsweise große Effekte einer extrem kurzen Intervention, die zudem ohne Therapeuten auskommt, auf Gesundheitsverhalten zeigen. Die Bedeutung für Abhängigkeitserkrankungen wird diskutiert.