Suchttherapie 2013; 14 - P20
DOI: 10.1055/s-0033-1351626

Behandlung der Alkoholabhängigkeit mit Disulfiram (Antabus) – Abstinenzzeiten, Wirkfaktoren und soziodemographische Einflüsse

M Großer 1, E Niederhofer 2, S Zabel-Evers 2, P Czischke 2, A Sickelmann 2, PW Nyhuis 2
  • 1St. Marien-Hospital Eickel, Herne
  • 2St. Marien-Hospital Eickel, Klinik f. Psychiatrie, Psychotherapie u. Psychosomatik, Herne

Einleitung: Seit 1951 ist Disulfiram von der FDA („Food and Drug Administration“) als Alkoholrückfallprophylaxe zugelassen. Es hemmt irreversibel die hepatische und andere Aldehyddehydrogenasen und damit den Abbau von Alkohol, was bei Alkoholkonsum unter Disulfiram-Einnahme zur Kumulation von Acetaldehyd und damit zur charakteristischen sog. Aversiv-Reaktion führt. Eingebettet in ein multimodales Behandlungskonzept, u.a. bestehend aus zunächst täglicher Vergabe durch geschulte Mitarbeiter und Atem-Alkoholtest mit regelmäßigen Laborkontrollen und Arztkontakten sowie Gruppenpsychotherapien, bewirkt die Behandlung mit Disulfiram nachweislich eine deutlich längere Abstinenzzeit und ermöglicht so gerade chronisch alkoholabhängigen Patienten die Rückkehr in ein stabiles, sozial gefestigtes Leben. (Review von Hughes u. Cook 1997 und Review von Suh et al. 2006).

Methode: Wir untersuchten an 75 Patienten retrospektiv die Dauer der Abstinenz unter Disulfiram-Einnahme und fragten außerdem nach Wirkfaktoren auf die Abstinenz aus Sicht der Patienten. Zusätzlich berücksichtigt wurden soziodemographische Faktoren, wie feste Partnerschaft, Kinder im Haushalt der Patienten oder sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten.

Diskussion/Ergebnisse: Insgesamt zeigte sich ein deutlich positiver Effekt der Disulfiram-Einnahme auf die Abstinenzdauer, allerdings gebunden an die Kombination mit unserem multimodalen Behandlungskonzept. Grade dem regelmäßigen, meistens täglichen Kontakt zu unseren geschulten Mitarbeitern bei der Vergabe sprachen die Patienten einen hohen Stellenwert zu. Der Angst vor der charakteristischen Aversiv-Reaktion maß ein Großteil der Patienten keine Bedeutung bei der Abstinenzaufrechterhaltung bei. Berufstätigkeit oder die Versorgung der noch im Haushalt lebenden Kinder wirkte sich ebenfalls positiv auf die Abstinenzdauer aus.

Schlussfolgerung: Unsere Daten weisen darauf hin, dass die pharmakologische Wirkung der Disulfiram in der Behandlung der Alkoholabhängigkeit von untergeordneter Bedeutung ist, sondern vielmehr die Einbettung der Verabreichung über höherfrequente ambulante Kontakte. Dies korrespondiert mit früheren Untersuchungen, die eine Wirkungslosigkeit der Behandlung bei einfacher Verschreibung ohne Vergabe nachweisen. Soziale Eingebundenheit unterstützt den therapeutischen Effekt.