Suchttherapie 2013; 14 - P27
DOI: 10.1055/s-0033-1351633

Kognitive Kontrollfunktionen bei Nikotinabhängigkeit: Generelles Defizit oder spezifische Muster?

A Kräplin 1, R Mayer 2, T Goschke 2, G Bühringer 1
  • 1Professur für Suchtforschung, TU Dresden
  • 2Professur Allg. Psychologie, TU Dresden

Einleitung: Bisherige Untersuchungen mit nikotinabhängigen Personen deuten darauf hin, dass das Störungsbild mit verringerter kognitiver Kontrolle assoziiert ist. Weiterhin legen Studien zur latenten Struktur kognitiver Kontrolle nahe, dass sich diese Fähigkeit aus einem Konglomerat verschiedener abgrenzbarer Funktionen zusammensetzt. Das Ziel dieser Studie ist daher, das spezifische Muster gestörter kognitiver Kontrollfunktionen bei nikotinabhängigen Personen zu identifizieren.

Methode: Es wurden 36 Raucher mit einer Diagnose Nikotinabhängigkeit nach DSM-IV und eine gematchte Kontrollgruppe von 36 Niemalsraucher (weniger als 20 Zigaretten im Leben) aus der Bevölkerung rekrutiert (Alter 18 – 54 Jahre). Die Probanden bearbeiteten verschiedene Aufgaben zur Erfassung folgender kognitiver Kontrollfunktionen: Inhibition (Stop-Signal-Aufgabe), Zielaufrechterhaltung (Delayed-Response-Aufgabe), Antizipation langfristiger Konsequenzen (Cambridge Gambling Aufgabe) und Konfliktüberwachung (Simon-Aufgabe).

Diskussion/Ergebnisse: Nikotinabhängige Probanden wiesen im Vergleich zur Kontrollgruppe eine verringerte Inhibitionsfähigkeit in der Stop-Signal-Aufgabe auf (t(70)=-2,23; p = 0,01; d = 0,53). Ansonsten zeigten sich keine signifikanten Performanzunterschiede im Vergleich zu den Niemalsrauchern.

Schlussfolgerung: Nikotinabhängige Personen zeigen ein spezifisches Muster gestörter kognitiver Kontrolle in Form einer verringerten Inhibitionsfähigkeit bei ansonsten intakten Kontrollfunktionen. Dieses Ergebnis ist ein wichtiger Ansatzpunkt für weitere Forschungen zu ätiologischen Mechanismen der Nikotinabhängigkeitsentstehung, wie etwa den Modellen zur Rolle der Hypoaktivität des präfrontalen Cortexes für die inhibitorische Kontrolle bei Rauchern. Weiterhin können auch mögliche Interventionsansätze abgeleitet werden, wie etwa das computerisierte Training der Inhibitionsfähigkeit.