Transfusionsmedizin 2015; 5(2): 80-101
DOI: 10.1055/s-0033-1358130
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erythrozytentransfusion: prätransfusionelle Diagnostik – Teil 1

F. F. Wagner
Institut Springe, DRK Blutspendedienst NSTOB
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Publication Date:
26 May 2015 (online)

Zusammenfassung

Um die Verträglichkeit der Erythrozytenpräparate sicherzustellen, erfolgen vor Transfusion Laboruntersuchungen, die im Regelfall zumindest Blutgruppenbestimmung, Antikörpersuchtest und serologische Verträglichkeitsprobe umfassen. Ziel dieser Untersuchungen ist die Vermeidung intra- und extravaskulärer Hämolysen. Die Bestimmung der AB0-Blutgruppe erfolgt möglichst mit monoklonalen Antikörpern und wird durch eine Kontrolle der Isoagglutinine abgesichert. Zur Bestimmung des Rhesusfaktors D des Transfusionsempfängers werden monoklonale Anti-D, die mit D Kategorie VI nicht reagieren, eingesetzt; in Deutschland ist die Verwendung zweier unterschiedlicher monoklonaler Antiseren vorgeschrieben. Die Wahrscheinlichkeit der Alloimmunisierung gegen ein Antigen hängt einerseits von der Antigenfrequenz und der Immunogenität des Antigens, andererseits von patientenspezifischen Faktoren, Anzahl der transfundierten Präparate und möglicherweise präparatebedingten Faktoren ab. Während der ersten 40 Transfusionen ist das Immunisierungsrisiko annähernd gleich, nach über 130 Transfusionen ohne Alloimmunisierung kommt es kaum noch zur Erstimmunisierung. Stattgehabte Alloimmunisierung deutet auf leichte Immunisierbarkeit des Patienten, die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Immunisierung ist deutlich höher als die einer Primärimmunisierung. Bei unselektierten Patienten ist mit 2 % Alloimmunisierung zu rechnen, bei polytransfundierten Patienten bis zu 20 % und mehr. Die am häufigsten beobachteten irregulären Antikörper sind Anti-K und Anti-E, die häufigste Ursache von verzögerten Transfusionsreaktionen Anti-Jk(a) und Anti-Jk(b). Mit dem Antikörpersuchtest sollen klinisch relevante irreguläre Antikörper erfasst werden. Das Antigenspektrum einschließlich der Anforderungen an hohe Antigendichte ist in den meisten Ländern festgelegt. Der Antikörpersuchtest muss im indirekten Coombs-Test oder einer vergleichbar sensitiven Technik erfolgen, als Mindeststandard international gilt die Röhrchentechnik mit Albumin als Supplement. Die Röhrchentechnik erfordert allerdings einen sehr erfahrenen Untersucher. Enzymtechniken können nur ergänzend eingesetzt werden. Die Antikörperidentifizierung erfolgt mit Panels von mindestens 8 Zellen, in einigen Ländern sind Anforderungen an das Antigenmuster definiert. Bei positivem Antikörpersuchtest ist eine Kontrolle der Spezifität im gleichen Rhythmus wie ein Antikörpersuchtest sinnvoll. Freie Autoantikörper im Plasma können die Erkennung irregulärer Alloantikörper behindern; etwa 30 % der Patienten mit Autoantikörpern haben zusätzliche Alloantikörper. Mögliche Verfahren zur Vermeidung von Inkompatibilitäten sind der Einsatz von Methoden, die von den Autoantikörpern nicht gestört sind, Absorption der Autoantikörper, Transfusion hochgradig kompatibler Präparate und notfalls Verdünnung des Serum. Bei kürzlich transfundierten Patienten kann eine positive Eigenkontrolle und ein positiver direkter Coombs-Test Hinweis auf eine beginnende Alloimmunisierung sein; bei geschickter Indikationsstellung sind etwa 30% der Elutionen positiv, in etwa 1 % kann ein Alloantikörper, der im Plasma nicht nachgewiesen wurde, identifiziert werden. Die serologische Verträglichkeitsprobe kann Hämolysen durch Antikörper gegen niederfrequente Antigene verhindern. Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren die primäre Vermeidung der Alloimmunisierung durch Beachtung immunogener Antigene bei der Präparatezuordnung an Bedeutung gewinnen wird.