Hintergrund: Eine Primärinfektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (Windpocken) wird in Deutschland
in etwa 0,1 – 0,7x auf 1000 Schwangerschaften diagnostiziert. Eine frische perinatale
Infektion der Mutter ist deutlich seltener anzutreffen. Kommt es zu einer konnatalen
Infektion des Neugeborenen um den Geburtstermin ist mit einer fetalen Mortalität von
20 – 30% zu rechnen.
Kasuistik: Berichtet wird von einer 25-jährigen GIIPO, welche sich mit regelmäßigen Kontraktionen
und V.a. Geburtsbeginn in der 38+2 SSW vorstellte.
Die Schwangerschaftsvorsorge war lückenhaft und eine Feindiagnostik war nicht erfolgt.
Bei Aufnahme besteht klinisch der V.a. eine frische Varizelleninfektion, eine Sonografie
zeigte einen zeitgerechten Fet.
Um eine Therapie der Akutinfektion einzuleiten und eine unmittelbare Geburt aufzuhalten
wurde eine Tokolyse mit Atosiban begonnen. Außerdem wurden 4 × 800 mg Aciclovir per
os und 1 ml/kg KG Varitect Immunglobulin i.v. verabreicht.
Eine PCR bestätigte den Verdacht einer frischen Varizella-Zoster-Virus-Infektion bei
negativen IgM- und IgG-Antikörpern.
In der 38+4 SSW wurde ein 3790 g schwerer, 54 cm großer Junge aus SL spontan entbunden
(pH 7,24; Apgar 9/9/9). Wegen einer kardiorespiratorischen Anpassungsstörung erfolgte
eine CPAP-Therapie über 18 Stunden. Das Neugeborene wurde mit 3 × 75 mg Aciclovir
i.v. und einmalig Varitect- Immunglobulin behandelt. Bei V.a. eine bakterielle Infektion
erfolgte zusätzlich die Gabe von Ampicillin und Cefotaxim.
Mutter und Kind wurden bis zum vollständigen Abheilen der Hauterscheinungen voneinander
isoliert. Das Kind verblieb nach der Entlassung der Mutter stationär, bekam pasteurisierte
Muttermilch und konnte am 13. Lebenstag (Varizella-Zoster-PCR negativ) bei Wohlbefinden
zur Mutter nach Hause entlassen werden.
Schlussfolgerung: Eine Varizellen-Primärinfektion um den Termin ist unverändert eine gefährliche peripartale
Infektionssituation, auf die unmittelbar und zielgerichtet therapeutisch reagiert
werden muss.