Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9(3): 139-140
DOI: 10.1055/s-0033-1362658
Für Sie referiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Referat – Übergewicht und Adipositas im Kindesalter

Kiess Wieland
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 August 2014 (online)

Hintergrund: Bekanntermaßen steigt die Prävalenz adipöser Kinder und Jugendlichen weltweit und in den USA im Besonderen. in den Jahren 1999–2000 lag sie dort bei 15,3 %. Erstmals legen Solveig A Cunningham et al. jetzt auch Daten zur Inzidenz im Laufe der Kindheit vor .

Methoden: Basis der Berechnung waren Daten aus einer Longitudinalstudie, die im Kindergartenalter begann (Early Childhood Longitudinal Study). Eine repräsentative Stichprobe von 7.738 Kindern konnte ab der Kindergartenklasse (vergleichbar einem Vorschuljahr) des Jahres 1998–1999 bis ins Jahr 2007 beobachtet werden. Dies entsprach einem Alter von im Mittel 5,6 bis 14,1 Jahren. Insgesamt 7 Mal wurden Gewicht und Größe sowie andere soziodemographische Variablen erhoben. 6.807 Kinder waren zu Beginn der Erhebung nicht adipös. Ihre Daten bezüglich des Neuauftretens einer Adipositas konnten über 50.396 Personenjahre hinweg ausgewertet werden.

Ergebnisse: Bei der ersten Erhebung im Vorschulalter waren bereits 14,9 % der Kinder übergewichtig (Body Mass Index [BMI] ≥ 85 %-Perzentile) und 12,4 % adipös (BMI ≥ 95 %-Perzentile). Im achten Schuljahr (im mittleren Alter von 14,1 Jahren) lag die Prävalenz der Adipositas bei 20,8 %, übergewichtig waren hier 17,0 %. Kinder aus der obersten Einkommensschicht (in Quintilen aufgeteilt) waren im Kindergarten deutlich seltener von Adipositas betroffen als Kinder niederer sozioökonomischen Gruppen (7,4 % vs. 13,8 und 16,5 % in den beiden niedrigsten Quintilen). Diese Verteilung blieb über den ganzen Zeitraum gleich. Im 8. Schuljahrgang war jedes vierte Kind in der niedrigsten sozioökonomischen Quintile adipös (Prävalenz 25,8 %).

Es zeigte sich keine konstante Inzidenz über den Beobachtungszeitraum. Vielmehr wurde die höchste Inzidenz mit 5,4 % im Kindergartenalter selbst festgestellt (ein Teil der Kohorte war noch vor Schuleintritt ein zweites Mal evaluiert worden). Die Inzidenz sank dann zunächst rasch und später nur noch wenig auf einen Wert von zuletzt 1,7 % zwischen dem 5. und 8. Schuljahrgang (bei Jungen 1,9 %, bei Mädchen 1,4 %).

Kinder, die bereits mit 5 Jahren übergewichtig waren, hatten ein etwa 4 Mal höheres Risiko, im Alter von 14 Jahren adipös zu sein, als Kinder, die im Vorschulalter normalgewichtig waren. Die kumulative Inzidenz über 9 Jahre hinweg lag bei 31,8 vs. 7,9 %, die Inzidenzrate bei 91,5 vs. 17,2 pro 1.000 Personenjahre. Die niedrigste kumulative Inzidenz fand sich wiederum in der reichsten Quintile (7,4 %), die höchste in der mittleren sozioökonomischen Quintile (15,4 %).

Von den Kindern, die bis zum Alter von 14 Jahren neu eine Adipositas entwickelten, war fast die Hälfte im Alter von 5 Jahren bereits übergewichtig gewesen und drei Viertel hatten über der 70. BMI-Perzentile gelegen.

Folgerung: Die Adipositasinzidenz bei 5- bis 14-Jährigen ist in frühen Jahren am höchsten. Besonders gefährdet, eine Adipositas neu zu entwickeln, sind Kinder, die bereits mit 5 Jahren übergewichtig sind. Wirksame präventive Maßnahmen gegen die „Adipositasepidemie“ sollten nach diesen Ergebnissen bereits im Vorschulalter ansetzen.

Friederike Klein, München