Hintergrund: Die Entscheidung zur Therapie der Frühgeborenenretinopathie wird vorrangig am Ausmaß
des Plus Disease getroffen. Die Entstehung des Plus Disease ist jedoch weitgehend
unklar. In vorausgegangenen Studien spielte eine Erhöhung des kapillaren Widerstands
in Kombination mit erhöhtem Blutfluss oder der Hypoxie-induzierte VEGF-Anstieg eine
wesentliche Rolle in der Entstehung des Plus Disease. Daher war es das Ziel unserer
Studie, die Eigenschaften des Plus Disease im Mausmodell mit der Erkrankung bei Frühgeborenen
zu vergleichen und den potentiellen Mechanismus der Entstehung von Tortuositas und
Dilatation zu charakterisieren.
Methoden: Wild-typ Mäuse wurden mit dem Sauerstoff-induzierten Retinopathie Modell (OIR) behandelt
(75% Sauerstoff vom postnatalen Tag 7 – 12). Die Charakteristika des Plus Disease
– arterielle Tortuositas und venöse Dilatation – wurden auf den flat-mount Retinae
vom postnatalen Tag 12 – 17 analysiert. Für den Tortuositas-Index wurde die Länge
des Gefäßes mit einer Geraden vom Anfangs- und Endpunkt der Arterie berechnet; die
Dilatation wurde anhand des Durchmessers der Gefäßwand bestimmt. Proliferierende endotheliale
Zellen der retinalen Gefäße wurden mittels Bromo-Desoxyuridin gefärbt. Um die Auswirkung
von VEGF auf die Proliferation der Zellen zu untersuchen, wurde Bevacizumab intravitreal
injiziert.
Ergebnisse: Nach der Behandlung mit dem OIR Modell entwickelten die Mäuse eine arterielle Tortuositas
und eine Dilatation der venösen Gefäße vergleichbar mit dem klinischen Bild des Plus
Disease bei Frühgeborenen. Das Ausmaß der arteriellen Tortuositas und venösen Dilatation,
sowie die Anzahl der proliferierenden Zellen in den Gefäßen nahmen vom postnatalen
Tag 12 – 17 bedeutend zu. Nach intravitrealer Injektion von Bevacizumab kam es zu
einer signifikanten Abnahme von Tortuositas, Dilatation und der Anzahl proliferierender
Zellen in den Gefäßen der Mausretina.
Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass die Tortuositas und Dilatation der
Gefäße beim Plus Disease durch den Hypoxie-induzierten VEGF-Anstieg mit nachfolgender
Proliferation von Endothelzellen entstehen. Die Behandlung mit anti-VEGF stellt eine
potentielle Therapie für die Rückbildung des Plus Disease dar.