ergopraxis 2014; 7(01): 35
DOI: 10.1055/s-0034-1365856
praxisprofi
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Chefsein ist einfach toll!

Simone Gritsch
,
A.V Eisenhart Rothe

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Publication Date:
10 January 2014 (online)

Aus dem Blickwinkel von Kindern ist Chefsein einfach nur toll. Chefs sind Bestimmer. Bestimmer sagen, wo es langgeht, und haben Macht über andere. Mama und Papa bestimmen immer, also sind sie die glücklichen Chefs? Schön wär‘s. Wie schwierig ist doch manchmal die elterliche Chefrolle? Wie oft stehen Eltern völlig machtlos da, wenn die Kinder partout nicht das tun, was sie nach Elternmeinung tun sollten?

Chefsein im Berufsleben ist noch viel schwieriger. Alle Beteiligten sind erwachsen, haben ihre individuellen Ziele, Wünsche, Wertvorstellungen, Herangehensweisen, Erfahrungen, Blickwinkel und Wesenszüge. Das führt dazu, dass jeder Mitarbeiter andere Erwartungen an seinen Vorgesetzten hat: Die einen wollen viel Mitsprache, andere lassen lieber bestimmen. Ein Mitarbeiter möchte viel Gestaltungsspielraum, der andere braucht genaue Vorgaben. Jedem möchte es der Chef recht machen – nicht zuletzt sich selbst.

Wir wollen ein gleichberechtigtes Team mit möglichst wenig Hierarchie, wir wollen weder als „Bestimmer“, noch als „Weichling“ wahrgenommen werden.

Oft klappt das einige Jahre lang, die Praxis ist noch nicht so groß, das ganze Team ist vielleicht sogar miteinander befreundet. Doch mit steigender Mitarbeiterzahl wird es für Praxisinhaber unerlässlich, klar Führungsaufgaben zu übernehmen und Marschrouten vorzugeben. Sonst wird die Gefahr des betrieblichen Chaos groß.

Keine oder nur wenig Zeit, sich an die neue Rolle zu gewöhnen, haben Therapeuten, die eben noch Teammitglied waren und plötzlich in eine Leitungsposition aufsteigen. Alle zwischenmenschlichen Beziehungen zu den Kollegen können sich plötzlich verändern, vertraute Gespräche haben durch etwaige notwendige Verschwiegenheit Seltenheitswert, Akzeptanz und Loyalität sind auf einmal nicht mehr selbstverständlich – eine wirklich anspruchsvolle Herausforderung für alle Beteiligten.

In solchen Situationen hilft nur eins: Jede Führungskraft muss in regelmäßigen Abständen in sich gehen und mit sich selbst klären, wie sie sich in der Chefrolle fühlt und was sie unter Führung versteht. Nur so haben Führungskräfte die Chance, authentisch zu sein und sich in ihrer Chefrolle wohlzufühlen. Zum Chef wird man nicht geboren! Menschen sind verschieden, einige tun sich leichter mit dieser Rolle als andere. Doch Chefsein ist wie das Elternsein ein Handwerk. Ein Handwerk, das einen oft an seine Grenzen bringt, das aber zu erlernen ist – vorausgesetzt, man möchte es.

Simone Gritsch

Anna Von Eisenhart Rothe