Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2014; 19(3): 137-143
DOI: 10.1055/s-0034-1365968
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Welche Faktoren beeinflussen die Einweisungsentscheidung von niedergelassenen Ärzten in der Praxis?

Eine empirische Untersuchung von arzt- und patientenbezogenen Variablen und deren Einfluss auf das Einweisungsverhalten
S. Konrad
,
A. Raab
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. März 2014 (online)

Zusammenfassung

Zielsetzung: Der vorliegende Artikel befasst sich mit der Überprüfung möglicher Zusammenhänge zwischen arztbezogenen bzw. patientenbezogenen Merkmalen und dem Einweisungsverhalten von niedergelassenen Ärzten mittels statistischer Verfahren.

Methodik: Generierung von SQL-Abfragen pro These auf der Basis der bereitgestellten und aufbereiteten Datenquellen (§ 21 KHEntG und Einweiserdaten) der neun teilnehmenden Krankenhäuser am Pilotprojekt „Einweiser-Benchmarking 2013“. Anschließender Import der SQL-Datei in das Statistikprogramm SPSS und Anwendung deskriptiver und induktiver Statistik zur Prüfung der Hypothesen mit Interpretation der Ergebnisse.

Ergebnisse:

  • Die durchschnittliche Entfernung des Wohnorts der Patienten eines Einweisers zum Krankenhaus beeinflusst die Anzahl der überwiesenen Fälle eines Einweisers. Einweiser mit einer geringeren Durchschnittsentfernung ihrer Patienten zum Krankenhaus überweisen mehr Fälle.

  • Die Entfernung der Arztpraxis zum Krankenhaus und die Fachrichtung des Arztes wirken sich auf die Anzahl der eingewiesenen Fälle aus.

  • Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Durchschnittsalter der Patienten eines Einweisers bzw. der Fachrichtung des Arztes und der durchschnittlichen Verweildauer eines Einweisers über alle seine Fälle.

  • Jüngere Patienten (< 60 Jahre) legen größere Fahrtstrecken für einen elektiven Eingriff zurück als ältere Patienten (≥ 60 Jahre).

Schlussfolgerung: Die Krankenhauswahl wird neben den untersuchten arzt- und patientenbezogenen Variablen noch von einer Vielzahl weiterer Faktoren beeinflusst. Der niedergelassene Arzt als Meinungsführer nimmt dabei eine bedeutende Rolle ein.

Abstract

Aim: Verification of potenzial correlations between physician variables respectively patient variables and physicians’ behavior admitting a patient to a certain hospital by use of statistical methods.

Method: Generation of SQL-requests on the basis of the provided and pre-prepared data materials (§ 21 KHEntG and physicians’ data provided by hospitals) of nine hospitals in the project “Einweiser-Benchmarking 2013”. Import of the SQL-File into SPSS and application of descriptive and inductive statistics in order to test hypotheses, find correlations and explain results.

Results:

  • The average distance between the address of the patients and the hospital has an influence on the amount of patients admitted by the physician. Physicians with a lower average distance of their patients transfer a significantly higher amount of patients.

  • The distance from the location of the physician to the hospital and the specialization show a significant influence on the amount of transferred patients.

  • There is a significant correlation between the average age, the specialization and the average retention period of a physician over all his patients.

  • Younger patients (< 60 years) drive significantly longer distances for an elective treatment than older patients (≥ 60 years).

Conclusion: Beyond physician and patient variables the choice of the hospital is influenced by a variety of other factors. The doctor as an opinion leader fulfils an important role in the decision making process of patients, especially of elderly people.

 
  • Literatur

  • 1 Raab A, Drissner A. Einweiserbeziehungsmanagement. Wie Krankenhäuser erfolgreich Win-Win-Beziehungen zu niedergelassenen Ärzten aufbauen. Stuttgart: Kohlhammer; 2011: 24f
  • 2 Gearedts M. Qualitätsberichte deutscher Krankenhäuser aus Versichertensicht – Ergebnisse aus dem Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung. In: Klusen N, Meusch A, (Hrsg): Zukunft der Krankenhausversorgung: Qualität, Wettbewerb und neuere Steuerungsansätze im DRG-System. Baden-Baden: Nomos; 2008: 169-184
  • 3 Thill KD. Einweisermarketing für Krankenhäuser. Niedergelassene Ärzte professionell gewinnen und binden. Wiesbaden: Gabler; 2010: 17
  • 4 Raab A, Legl K, Elmhorst D et al. Über die Identifikation von Potenzialeinweisern zu Einweiserpotenzialen. In: Das Krankenhaus 2013; 1: 394-396
  • 5 Projekt Einweiser-Benchmarking. 2013
  • 6 Raab A, Poost A, Eichhorn S. Marketingforschung. Ein praxisorientierter Leitfaden. Stuttgart: Kohlhammer; 2009: 34
  • 7 Beltramini RF, Sirsi AK. Informational Influences on Physician Referrals. In: Journal of Hospital Marketing 1992; 6 (02) 1011-1026
  • 8 Drissner A. Einweisermanagement – Analyse des Einweiserverhaltens niedergelassener Ärzte am Beispiel der Region 10 und Ableitung von Strategien zum Management der Zuweiserbeziehungen. Ingolstadt: Unveröffentlichte Bachelorarbeit, Hochschule Ingolstadt: Fakultät Wirtschaftswissenschaften; 2010: 75
  • 9 Benchmarking Pilotstudie 9 Krankenhäuser. 2012
  • 10 Statistische Ämter des Bundes und der Länder. Demografischer Wandel in Deutschland. Auswirkungen auf Krankenhausbehandlungen und Pflegebedürftige im Bund und in den Ländern. 2010 Heft 2. 7-9
  • 11 BKK Gesundheitsreport. Gesundheit fördern – Krankheit versorgen – mit Krankheit leben. 2012: 91
  • 12 Salfeld R, Hehner S, Wichels R. Modernes Krankenhausmanagement. Konzepte und Lösungen. Dordrecht, Heidelberg, London, New York: Springer; 2009: 173
  • 13 Geraedts M, Auras S, Hermeling P, de Cruppé W. Abschlussbericht zum Forschungsauftrag zur Verbesserung der gesetzlichen Qualitätsberichte auf Basis einer Krankenhaus-, Patienten- und Einweiserbefragung. Witten; 2010: 26-49
  • 14 Deloitte Studienergebnisse. Das deutsche Gesundheitssystem aus Sicht der Patienten und Versicherten. 2011: 20-21
  • 15 Borges P. Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten: Kommunikation ist der Erfolgsfaktor Nr. 1. In: Führen und Wirtschaften im Krankenhaus 2003; 20 (03) 267-269
  • 16 Dobbelstein T. Prozessqualität als Wettbewerbsvorteil für Krankenhäuser – eine Analyse aus Sicht der Einweiser. In: Klusen N, Meusch A, (Hrsg) Zukunft der Krankenhausversorgung: Qualität, Wettbewerb und neue Steuerungsansätze im DRG-System. Baden-Baden: Nomos; 2008: 209-224
  • 17 Jungblut-Wischmann P. Allgemeine Kundenerwartungen. In: Eichhorn P, Seelos HJ, Graf von der Schulenburg M, Hrsg Krankenhausmanagement. München, Jena: Urban & Fischer; 2000: 683-694
  • 18 Gombeski WR, Carroll PA, Lester JA. Influencing Decision Making of Referring Physicians. In: Journal of Health care Marketing 1990; 10 (04) 566-570
  • 19 Saßen S, Franz M (Hrsg) Zuweisermarketing und sektorübergreifende Kommunikation. Heidelberg, München, Landsberg, Berlin: Economica; 2007: 10-11