Gesundheitswesen 2014; 76 - V18
DOI: 10.1055/s-0034-1371571

Bedeutung von Psychotherapie und psychiatrischer Behandlung in der Vorgeschichte für die gesundheitliche Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

E Richartz-Salzburger 1
  • 1Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie, Klinische Geriatrie, Referat für Gesundheit und Umwelt, Landeshauptstadt München, München

Im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung zur Frage der gesundheitlichen Eignung von Beamtenanwärtern treten immer wieder Unsicherheiten auf, wie psychische Störungen in der Vorgeschichte bzw. stattgehabte psychotherapeutische und/oder psychiatrische Behandlungen zu werten sind. Ob zu Tage getretene psychische Probleme Zweifel an der gesundheitlichen Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis bedingen, kann nicht allgemein beantwortet werden. Art und Schweregrad psychischer Störungen sind ebenso unterschiedlich wie die verschiedenen Therapieformen, die heute mehr denn je gerade von jungen Menschen in Anspruch genommen werden. Grundsätzlich sagt allein die Tatsache, dass bereits einmal eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung stattgefunden hat, nichts über die Art der zugrunde liegenden Problematik aus. Sowohl vorübergehende Lebenskrisen als auch schwere psychiatrische Erkrankungen können sich hinter der Suche nach therapeutischer Unterstützung verbergen. Bedeutung und Tragweite einer entsprechenden Störung lässt sich nur im Einzelfall beurteilen und bedarf fachärztlicher Diagnostik. Finden sich bei einem Beamtenanwärter Hinweise für eine frühere oder aktuelle psychische Störung, ist eine psychiatrische Begutachtung angebracht, um leichte Störungen mit guter Prognose von chronifizierten Prozessen oder gar schweren klassischen psychiatrischen Erkrankungen abzugrenzen. Die amtsärztliche Begutachtung durch einen Psychiater unterscheidet sich dabei in ihren Grundsätzen nicht von der psychiatrischen Begutachtung zu anderen Fragestellungen. Auch hier wird nach sorgfältiger Anamnese unter Hinzuziehung vorliegender Befundberichte als zentraler Kern der Begutachtung der aktuelle psychische Befund erhoben. Neben der Aussage zum Vorliegen etwaiger Gesundheitsstörungen ist vor Übernahme in ein Beamtenverhältnis für den Auftraggeber von besonderer Bedeutung, ob aufgrund eines bereits jetzt erkennbaren Leidens mit vorzeitiger Dienstunfähigkeit des Probanden zu rechnen ist. Bei nicht sicher einzuschätzender Prognose ist gegebenenfalls eine Nachuntersuchung nach entsprechendem Zeitraum zu empfehlen. Angesichts der zunehmenden öffentlichen Wahrnehmung von psychischen Erkrankungen und der wachsenden Bereitschaft, adäquate Hilfe in Anspruch zu nehmen, kann die Angabe von „Psychotherapie“ in der Vorgeschichte kein generelles Ausschlusskriterium mehr für den öffentlichen Dienst sein.