Gesundheitswesen 2014; 76 - V32
DOI: 10.1055/s-0034-1371585

Gesundheitliche Gefahren des Klimawandels

H Grewe 1, B Blättner 1, S Heckenhahn 1
  • 1Public Health Institute, Hochschule Fulda, Fulda

Erkenntnisse der Klimaforschung lassen für Deutschland in den kommenden Jahrzehnten eine weitere Erwärmung, eine weitere Zunahme heißer Tage und „Tropennächte“, eine Veränderung des Niederschlagsverhaltens sowie eine weitere Zunahme lokaler wie auch großflächiger Unwetterereignisse erwarten. Aus bevölkerungsmedizinischer Perspektive ist es geboten, die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen dieser Klimaänderung vor dem Hintergrund zeitparallel stattfindender gesellschaftlicher Veränderungen wie dem demografischen Wandel und der Zunahme großräumiger Mobilität einzuschätzen und in ihrer Relevanz zu bewerten. In einer solchen Zusammenschau stellen häufigere und stärkere Hitzeperioden das bedeutendste, bis vor einigen Jahren deutlich unterschätzte Gesundheitsrisiko des Klimawandels in Deutschland und Europa dar. An zweiter Stelle nennt der Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC) das Risiko der Ausbreitung vektorübertragener Erkrankungen. Schäden durch Unwetter zeigen einen kontinuierlichen Zuwachs, die Bilanzen der Versicherer bilden die mit derartigen Ereignissen ggf. einhergehende Zunahme der Krankheitslast jedoch nicht ab. Weitere im Kontext des Klimawandels diskutierte gesundheitliche Auswirkungen umfassen die Verlängerung der Pollenflugsaison, die Ausweitung des Allergenspektrums, die Zunahme wasserübertragener Infektionskrankheiten sowie eine Zunahme von mit UV-Exposition einhergehenden Hauterkrankungen. Der Sommer 2003 hat mit einer Bilanz von mindestens 35.000 hitzeassoziierten Todesfällen in West- und Mitteleuropa gezeigt, dass auch für die europäischen Gesundheitssysteme Anpassungserfordernisse an den Klimawandel bestehen. Am Beispiel hitzeassoziierter Gesundheitsschädigungen wird ein Überblick über die Erfahrungen und Erkenntnisse europäischer Nachbarländer in der Prävention und im Gesundheitsschutz vulnerabler Bevölkerungsgruppen gegeben und mit der Frage ihrer Übertragbarkeit auf die Versorgungsstrukturen in Deutschland diskutiert.