Gesundheitswesen 2014; 76 - V64
DOI: 10.1055/s-0034-1371617

Perspektiven der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung in der Region Hannover

S Gerdes 1, M Yilmaz 1
  • 1Niedersächsisches Gesundheitsamt (NLGA), Fachbereich Gesundheit der Region Hannover, Team Tuberkulose, Hannover

Statistisch gesehen ist die Region Hannover bestens versorgt mit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten: Nach der Bedarfsplanung liegen die 20 Umlandkommunen, als ein Planungsbereich, bei einer Versorgungsquote von 150% und die Stadt Hannover als zweiter Planungsbereich bei fast 120%. Dennoch wird von Experten übereinstimmend eine deutliche Unterversorgung wahrgenommen. Im Rahmen einer regelmäßig stattfindenden Netzwerkveranstaltung des Fachbereichs Gesundheit wurde daraufhin ein Gesundheitsbericht zum Thema der ambulanten Psychotherapie verfasst. In diesem Bericht haben sich erstmalig Institutionen und Fachgruppen aus der Region Hannover anhand eines strukturierten Leitfadens zur aktuellen Situation geäußert. So wurde eine vielschichtige Zusammenfassung der einzelnen Beiträge durch den Fachbereich Gesundheit in der neutralen Rolle möglich. Neben der Darstellung der betreffenden Institution wurden die Problemwahrnehmung, wie auch Ansätze für Lösungsmöglichkeiten thematisiert. Von allen Teilnehmern wurden die langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz kritisiert. Oft haben Patienten im Anschluss an eine stationäre Behandlung eine Lücke in der Versorgung. Die ungebahnte Suche nach einem geeigneten Therapeuten führe häufig zu einem zufälligen Therapieverfahren. Die Aussicht auf einen adäquaten Therapieplatz sinkt mit der Schwere der Erkrankung im Sinne des ‚inverse care law‘. Menschen mit einer geistigen Behinderung und psychiatrische Patienten mit Suchtproblemen haben die geringste Chance einen Therapieplatz zu finden. Aufgrund bislang weniger kurzzeittherapeutischer Ansätze haben Psychotherapeuten kaum Valenzen für Krisenintervention. Als potenzielle Lösungsmöglichkeiten kristallisierte sich unter anderem eine flexiblere Dauer der Psychotherapie, abhängig vom Behandlungsbedarf; verstärkte Angebote für Gruppentherapie und Vergütungsanreize für Kurzzeitinterventionen heraus. Es sollten Behandlungskontingente für Patienten mit schwerwiegenden Störungen zu Verfügung gestellt werden und im Gegenzug niedrigschwellige Angebote in Form von Seminaren für Menschen mit geringfügiger Symptomatik. Freie Therapieplätze sollten zentral von einer Koordinierungsstelle gesammelt und vermittelt werden.