Gesundheitswesen 2014; 76 - P28
DOI: 10.1055/s-0034-1371657

Aufklärung der Ursache gehäufter Meldungen von Giardia lamblia in einem Landkreis

A Jurke 1, M Lunemann 2, E Lustfeld 3, A Aebischer 4, P Witte 5, I Daniels-Haardt 6
  • 1Landeszentrum Gesundheit NRW, Infektiologie und Hygiene, Fachgruppenleitung, Münster
  • 2Landeszentrum Gesundheit, Infektiologie und Hygiene, Münster
  • 3Gesundheitsamt Minden-Lübbecke, Amtsleitung Vertretung, Minden
  • 4Robert Koch-Institut, FG Mykologie, Parasitologie, Intrazelluläre Erreger, Fachgebietsleitung, Berlin
  • 5Gesundheitsamt Minden-Lübbecke, Amtsleitung, Minden
  • 6LZG.NRW, Leiterin FB Gesundheitsschutz, Gesundheitsberichterstattung, Münster

Vom 1.1.2012 bis zum 28.2.2013 wurden aus einem Landkreis insgesamt 216 autochthone Fälle von Giardiasis bei Erwachsenen im Alter von 7 bis 89 Jahren gemeldet. In den Meldedaten nach Infektionsschutzgesetz war die hohe Hospitalisierungsrate (54,6%) auffällig. Der labordiagnostische Nachweis wurde überwiegend durch Mikroskopie der Trophozoiten im Darm bei teilweise unspezifischen Symptomen wie Fettstuhl, Gewichtsverlust, Malabsorption, Oberbauchkrämpfe erbracht. Alle histologischen Nachweise erfolgten in einer Pathologie, wobei ungewöhnliche Gründe (Schluckbeschwerden nach OP, Krebsnach- bzw. -vorsorge, Gallensteine und Sonstige) zur Endoskopie führten. Um eine mögliche Exposition einzugrenzen wurden die Patienten mit einem explorativen Fragebogen des Landeszentrums Gesundheit NRW befragt, eine Beprobung des Trinkwassers durch das Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit Bonn durchgeführt sowie weitere Laboruntersuchungen von frischen Patientenproben beim Robert Koch-Institut (RKI), FG 16 Erreger von Pilz- und Parasiteninfektionen und Mykobakterien veranlasst. In der Befragung ergaben sich keine Hinweise auf Kontakte zu Tieren, Abwasser oder zu rohen Lebensmitteln oder auf eine gemeinsame Einkaufs- oder andere Infektionsquelle. In den Filtrat- und Netzproben aus der lokalen Wasserversorgung gelang der Nachweis von Giardia lamblia nicht. Das RKI hat nur in 9 von 114 Proben Giardia lamblia nachweisen können, davon waren 5 eindeutig und 4 schwach positiv. Damit wurde der Verdacht bestätigt, dass die gehäuften Nachweise aus einer Pathologie in der großen Mehrheit sehr wahrscheinlich falsch positiv waren. Ein externer Pathologe stellte fest, dass viele abgeschilferte Deckepithelzellen, Schleim und Erythrozyten in den Schnitten zu sehen waren. Die Probenaufbereitung/Fixierung schien Laborartefakte, die wie Giardiasis gedeutet werden können, hervorzubringen. Da bei fast allen Proben mit labordiagnostischem Nachweis von Giardia lamblia durch Mikroskopie der Trophozoiten im Darm ein Bestätigungstest mit einer anderen Methode nicht gelang, reicht bei der konkret vor Ort implementierten Probenvorbereitung und -untersuchung die Nachweismethode „Methode Mikroskopie Trophozoiten Darm“ allein nicht mehr für einen Giardia lamblia Nachweis aus.