physiopraxis 2014; 12(03): 13-17
DOI: 10.1055/s-0034-1372541
physiopolitik
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Gesprächsstoff

Anke Zillessen

Subject Editor:
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 March 2014 (online)

Rezeptprüfung – Ungerechtes Abwehren

Ein kürzlich erwirkter Gerichtsbescheid am Sozialgericht Köln macht Physiotherapeuten Mut, Kürzungen der Krankenkassen nicht einfach klaglos hinzunehmen. Ein Physiotherapeut bekam von einer gesetzlichen Krankenkasse die eingereichte Verordnung in Höhe von 85,90 Euro nicht erstattet. Grund: Der Indikationsschlüssel sei falsch. Trotz nachträglicher Korrektur von „WS1a“ in „WS2f“ weigerte sich die Kasse, die erbrachte Leistung von sechs Fangopackungen und sechs Massagen zu vergüten. Die nachträgliche Korrektur sei unzulässig. Laut Urteil des Bundessozialgerichts (B 1 KR 4/09 R) habe der Therapeut vor Beginn der Behandlung die Verordnung zu überprüfen. Daraufhin nahm sich der Physiotherapeut einen Anwalt.

Sein Patient kam mit einer Verordnung, auf der „HWS-Syndrom und Schmerzen durch Gelenksfunktionsstörungen“ stand. Die verordneten sechs Fangopackungen und sechs Massagen sollen der Schmerzreduktion dienen, war darauf vermerkt. Für den Therapeuten war der Arbeitsauftrag somit klar. Das Gericht gab dem Therapeuten recht und nannte als Begründung, dass die fachärztliche Verordnung lediglich die Mindestanforderungen gemäß § 6 III des Rahmenvertrags erfüllen muss. Diese sind Diagnose, Leitsymptomatik, Art, Anzahl und Frequenz der Behandlung. Der Indikationsschlüssel gehöre nicht dazu. Das besage auch das von der Krankenversicherung zitierte Urteil des Bundessozialgerichtes (B 1 KR 4/09 R). Die Angabe des Indikationsschlüssels ist nicht derart wesentlich, dass er einem Leistungsanspruch des Versicherten und einem Vergütungsanspruch des Therapeuten entgegensteht. Zudem wäre eine Korrektur der fehlerhaften Verordnung durchaus möglich, auch wenn dieser Punkt nicht zur Diskussion stand.

Für den Physiotherapeuten hat es sich gelohnt, sich juristischen Beistand von Rechtsanwalt Ingo Hofmann aus Bonn zu holen. Er bekommt nicht nur die 85,90 Euro verzinst erstattet (fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz), sondern auch alle Anwalts- und Gerichtskosten.

ba

HABEN SIE’S GEWUSST?

Kassen zahlen für Physiotherapieausbildung

Nicht jede Physiotherapieschule ist an ein Krankenhaus angeschlossen. Doch ist sie es, bekommt das Krankenhaus für die Finanzierung der Ausbildung Geld von den Krankenkassen. Dies wurde 2006 gesetzlich vereinbart, um ausbildende Krankenhäuser wettbewerblich nicht zu benachteiligen. Die meisten Bundesländer, bis auf Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, haben einen Ausbildungsfonds eingerichtet. An ihn führen die Krankenkassen pro Fall, der in einem Krankenhaus behandelt wird, einen bestimmten Betrag ab, der jährlich zwischen der Landeskrankenhausgesellschaft und den Krankenkassen neu vereinbart wird. In Baden-Württemberg beispielsweise beträgt er aktuell etwas über 90 Euro. Die Landeskrankenhausgesellschaft verwaltet das in den Ausbildungsfonds fließende Geld und verteilt es an die ausbildenden Krankenhäuser. Es ist ausschließlich für die Ausbildung nichtärztlicher Krankenhausberufe bestimmt wie Hebammen, Pflege-, Therapie- und medizinisch-technische Assisstenzberufe. In Baden-Württemberg sind derzeit mehr als 205 Millionen Euro im Ausbildungsfonds. Davon werden auch die vier Physiotherapieschulen in Mannheim, Heidelberg, Freiburg und Tübingen mitfinanziert.

ba