Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V13
DOI: 10.1055/s-0034-1374076

Radiologische Diagnostik bei akutem nicht-spezifischen Kreuzschmerz: Kommen bildgebende Verfahren zu häufig zum Einsatz?

D Horenkamp-Sonntag 1, R Linder 1, S Engel 1, U Schneider 1, F Verheyen 1
  • 1WINEG – Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg, Deutschland

Fragestellung: Bei akutem nicht-spezifischen Kreuzschmerz sind die Beschwerden üblicherweise selbst begrenzend, so dass die meisten Patienten, die sich erstmalig wegen Rückenbeschwerden in medizinische Behandlung begeben, lediglich einer Beratung und Akutversorgung bedürfen. Nur wenn klinisch der Verdacht auf einen gefährlichen Verlauf besteht, sollte gemäß der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz eine bildgebende Diagnostik sofort veranlasst werden. Ansonsten sollte mind. 6 Wochen abgewartet werden.

Methodik: Auf der Basis von GKV-Routinedaten der Techniker Krankenkasse wurde analysiert, bei wie vielen Versicherten, die erstmalig von akuten Rückenschmerzen betroffen waren und bei denen kein Hinweis auf einen gefährlichen Verlauf vorlag, eine potentiell nicht indizierte radiologische Bildgebung erfolgte. Um den Einfluss von Komorbiditäten zu minimieren, wurde auf erwerbstätige Versicherte ohne entsprechende Krankheitsvorgeschichte fokussiert, bei denen es erstmalig zu einer Arbeitsunfähigkeit (AU) wegen Rückenschmerzen (M54) kam.

Ergebnis: Ausgehend von 8,6 Millionen Versicherten hatten 721.034 Versicherte im Zeitraum 2009 – 2012 erstmalig eine AU wegen M54. Davon hatten 23.279 (3,2%) vor der Erst-AU weder Rückenschmerzen noch lagen im Krankheitsverlauf Rückenschmerz verursachenden Krankheiten (z.B. Bandscheibenprolabs oder Unfallereignis) oder Tumorerkrankungen (als Ursache für ossäre Metastasen) vor. Bei 7.478 Versicherten (32,1%) erfolgte eine radiologische Bildgebung innerhalb von 6 Wochen nach der AU-Erstdiagnose (12, 18 und 24 Wochen: 36,4%, 39,7% und 42,6%).

Schlussfolgerung: Bei jedem dritten Versicherten mit erstmalig aufgetretenem akuten nicht-spezifischen Kreuzschmerz erfolgt eine radiologische Bildgebung, obwohl nach Leitlinienvorgabe ein abwartendes Vorgehen empfohlen wird. Inwieweit ein Teil dieser Diagnostik dennoch gerechtfertigt sein könnte, ist mit den GKV-Routinedaten detailliert zu analysieren.